Erfahrene
Weltkirche
Klinger/Knecht/Fuchs (Hg.): Die globale Verantwortung -
Partnerschaften zwischen
Pfarreien in Deutschland und Peru
Echter
Verlag Würzburg 2001, broschiert, 272 Seiten, 19,90 Euro
30
Jahre lang, von 1962-1992, war er Bischof von Cajamarca, einer Diözese in den
Anden im Norden Perus, José Dammert (gen. Pepe, wie denn auch sein Freund und
Mitarbeiter Gustavo Gutiérrez seinen Beitrag über diesen beeindruckenden Christenmenschen
überschrieben hat). Auf dem Konzil war er an der Gründung der Gruppe der
„kleinen Bischöfe“ beteiligt, die sich radikal auf eine Nachfolge in Armut verpflichtet
haben und in regem Kontakt untereinander geblieben sind.
Für
die Campesinos, die ihr karges Leben im Hochland verbringen, war die Amtszeit
dieses Bischofs mit einer neuen Erfahrung von Glaube und Kirche verbunden. Der
Bischof teilte nicht nur die Kleidung (Poncho und Sombrero) mit ihnen; sondern
er weilte - so es eben nur möglich war - mitten unter ihnen, war für sie da.
Der Glaube blieb für die Campesinos nicht länger ein Fremdkörper, der ihnen
zudem noch aufoktroyiert war; sondern er wurde ihnen so erschlossen, dass er es
mit ihrem Leben zu tun bekam. Das auch bei uns bekannt gewordene Glaubensbuch
„Vamos Caminando“ kam aus solchen Erfahrungen heraus zustande. So in ihrem
Glauben mündig geworden, wurden die einfachen Leute auch zu Subjekten der
Kirche, es entstand im wahrsten Sinne des Wortes eine Kirche des Volkes. Und
auch auf gesellschaftlichem und politischen Feld wurden die Leute bewusster, was
manche, die bislang gewaltet und geschaltet hatten, wie sie wollten, nicht
gerade als angenehm empfanden.
Wenn
in der Vergangenheitsform gesprochen wird, heißt das, dass dieses bemerkenswerte
Projekt einer inkulturierten Evangelisierung insofern eine Veränderung erfahren
hat, als der Nachfolger von J. Dammert, Bischof Simón, es mit allen Mitteln
hintertreibt; der Klerikalismus feiert in der Diözese Cajamarca wieder
fröhliche Urstände. Doch zeigt sich auch, dass das, was in den dreißig Jahren
dort pastoral gesät worden ist und enorm zu wachsen begonnen hatte, nicht
einfach rückgängig gemacht werden kann. Es geht allerdings nicht mehr mit dem
Bischof, mit einem großen Teil des von ihm eingesetzten Klerus und mit dem von
ihm favorisierten kirchlichen Gruppierungen (u.a. Opus Dei) gemeinsam.
Während
der Phase des kirchlichen Aufbruchs fand die Diözese Cajamarca Aufmerksamkeit
weit über die unmittelbar Betroffenen hinaus. In Pfarreien Deutschlands kamen
Partnerschaftsprojekte mit Pfarreien in der peruanischen Diözese zustande. Wie
kam das zustande? Wer war daran beteiligt? Wozu führten die Kontakte zu
Christen und Christinnen aus so weit entfernten Erdteilen mit so
unterschiedlichen Lebensbedingungen? Wie gestaltete sich die Partnerschaft vor
dem Bischofswechsel und nach dem Bischofswechsel? Dies und weiteres sind
Fragen, die seit einiger Zeit in einem Forschungsprojekt bearbeitet werden, für
das die Herausgeber dieses Buches verantwortlich zeichnen. Einer von ihnen,
Willi Knecht, war über längere Zeit hin in der Diözese Cajamarca pastoral
tätig.
In
diesem Band wird ein Zwischenbericht aus dem Projekt vorgelegt. Er umfasst vier
Teile: (1) Informationen über die Diözese Cajamarca und Eindrücke über ihren
Aufbruch, (2) Erinnerungen und Rekonstruktion dieses dort erfolgten kirchlichen
Aufbruchs, wobei auch kritisches offen vermerkt wird, (3) Berichte über die
Erfolge und Schwierigkeiten der Solidaritätsarbeit von Gruppen und Gemeinden in
Deutschland und (4) die erste Auswertung der in Peru und Deutschland mit diesen
Partnerschaften gemachten Erfahrungen, die in Kontaktnahme mit den beteiligten
Gruppen und Pfarreien erhoben worden ist. Elmar Klinger schließt eine Reflexion
über den ekklesiologischen Stellenwert der Partnergruppen an, Ottmar Fuchs über
eine weltkirchliche Pastoral.
Beispielhaft
wird in diesem Buch die Notwendigkeit einer globalen Perspektive und Verantwortung
kirchlich-pastoralen Handelns gerade im Kontext einer immer rascher und umfassender
voranschreitender ökonomischen Globalisierung deutlich gemacht, werden aber
auch die sich dabei einstellenden Schwierigkeiten und Hindernisse nicht
verschwiegen - angefangen von der im Kirchenvolk bei uns verbreiteten Lethargie
Problemen gegenüber, die mit dem eigenen Seelenheil scheinbar nichts zu tun haben,
bis hin zu gezielten kirchenpolitischen Interventionen, die hoffnungsvolle Aufbrüche
zu einer partizipativen Kirche und einer partizipativen Gesellschaft rücksichtslos
ausmerzen.
Norbert
Mette, Paderborn
Rezension
aus: Diakonia 33 (2002).