Fazit und Defizite des bisherigen Weges

 

 
Fazit

 

 

Die Pastoral der Kirche von Bambamarca war von 1963 bis 1997 von zwei gleichrangigen Polen gekennzeichnet, die in gegenseitiger Abhängigkeit standen und sich gegenseitig bedingten. Auf der einen Seite standen die Bedürfnisse der Campesinos, ihre Situation der Abhängigkeit und der religiösen Ignoranz (bis 1962) bezüglich des Evangeliums und der Person Jesu. Auf der anderen Seite stand das Anliegen des Bischofs und seiner Mitarbeiter, in diese konkrete Situation hinein die Gute Nachricht zu verkünden. Dies geschah in dem Glauben, dass das Evangelium wirklich dazu aufruft und befähigt, Menschen aus der Gefangenschaft in die Freiheit und in ein Leben in Fülle zu führen. Um das Evangelium nachhaltig verkünden zu können, bedurfte es neuer Wege und Strukturen innerhalb der Kirche, die aber zum Teil erst gesucht bzw. geschaffen werden mussten. Selbstverständlich hing dies zuerst von Personen (zuerst Priestern) ab, die bereit waren, neue Wege zu gehen.

 

Die charakteristischen Kennzeichen der Pastoral in Bambamarca lassen sich in den folgenden Punkten zusammenfassen, ohne den Anspruch, alle Versuche, Experimente und Möglichkeiten zu formulieren. Der beschriebene Ausgangspunkt von 1963 und die fundamentalen Anliegen werden nicht mehr eigens benannt.

 

·         Unabdingbare Vorraussetzung war, überhaupt und dann immer mehr geeignete Mitarbeiter zu finden und diese entsprechend auszubilden und zu begleiten. Ging es anfangs noch darum, Priester und professionelle Laien zu finden und zu motivieren, waren es dann bald die ursprünglichen Adressaten selbst, mehrheitlich Campesinos, die in den Mittelpunkt rückten und zu Trägern der Pastoral wurden. Die Laien insgesamt wurden zu „agentes de pastoral“ und zu Trägern der eigenen Pastoral. Priester und andere hauptberufliche Mitarbeiter bekamen die unverzichtbare Aufgabe, diesen Prozess mit ihren je spezifischen Fähigkeiten zu fördern und zu begleiten.

·         Die Idee einer Pastoral de Conjunto konnte nicht konsequent durchgehalten werden, war aber dennoch vor allem bis 1978 prägend. Auf Dauer gelang es nicht, Priestergemeinschaften und echte Teamarbeit zu etablieren. Als noch schwieriger und krisenanfälliger erwiesen sich Versuche, gemischte Gemeinschaften (Priester - Laien - Frauen) zu etablieren. Doch diese Schwierigkeiten wurden von den Campesinos eher als marginale Probleme angesehen bzw. als Probleme derer, die von außen kommen. Es berührte wenig ihren Alltag und auch nicht ihr Glaubensleben. Daher gefährdeten diese eher internen Schwierigkeiten der Profesionales solange nicht den pastoralen Entwicklungsprozess in Bambamarca, solange die Rahmenbedingungen verlässlich waren.      

·         Die Pastoral in Bambamarca war missionarisch. Die Priester und Katecheten sahen ihre Hauptaufgabe darin, die Gute Nachricht bis in die letzten Winkel der Pfarrei und darüber hinaus zu verkünden. Verkündigung bedeutete für sie zuerst, den eigenen Glauben lebendig zu leben und zu bezeugen. Es ging auch nicht vorrangig darum, die Zahl der Gemeindemitglieder zu erhöhen, sondern zu verkünden, dass mit der Ankunft Jesu eine neue Zeit begonnen hat: „Kehrt um und glaubt an das Evangelium!“. Diese Botschaft schlug Wurzeln, weil ihre Wahrheit praktisch erfahren werden konnte.

·         Die Comunidades wurden als vorgefundene Basisstrukturen und traditionelle Lebensgemeinschaften mit ihren eigenen Spielregeln anerkannt. Sie bildeten den strukturellen Rahmen für das Entstehen neuer Glaubensgemeinschaften im Rahmen der Neuevangelisierung, sie waren deren Basis und Lebensraum. In diesen Glaubensgemeinschaften wurde der neue Glaube erfahren, gelebt und praktiziert. Diese Gemeinschaften, die auch als Kirchengemeinde bezeichnet werden können, bildeten ein Netz mit den anderen Gemeinschaften und wuchsen auf diese Weise zu einer Pfarrei zusammen. Der Pfarrgemeinderat war das sichtbare Zeichen dieses Netzes und dieser Einheit.

·         Diese Art der Gemeindebildung (Kirchenbildung) bedeutet zugleich, dass sich die Gemeinde von den bisher Benachteiligten und Ausgegrenzten her konstituiert hat - den Campesinos. Sie sind in das Zentrum dessen gerückt, was Kirche ist und bedeutet. Hier wurde verwirklicht (mit allen je der komplexen Wirklichkeit innewohnenden Einschränkungen), was im Zweiten Vatikanischen Konzil angedacht worden war.

·         Die Comunidades, nun weitgehend identisch mit den neuen Glaubensgemeinschaften oder zumindest entscheidend beeinflusst von ihnen, beginnen sich zu organisieren, es bilden sich z.B. Genossenschaften, die Ronda u.v.m. Die Campesinos sehen darin eine zwangsläufige Konsequenz ihre Glaubens und eine Mitarbeit z.B. in der Ronda als praktizierten Glauben. Die politische, gesellschaftsrelevante Dimension des Glaubens wurde entdeckt und als befreiend erfahren, z.B. die Entdeckung der Ungerechtigkeit als Sünde wider Gott. Das entsprechende Engagement wird biblisch begründet und als Nachfolge Jesu gedeutet.

·         Daraus folgt, dass die Gemeinde Jesu immer auch eine prophetische Gemeinde ist: Deuten der Situation im Lichte des Glaubens und eine entsprechende Praxis, die ihren Ausdruck findet in der Anklage bestehender Ungerechtigkeiten und in der Verkündigung einer neuen Gerechtigkeit, der Gerechtigkeit Gottes. Dies führte konsequenterweise zu entsprechenden Konflikten mit den etablierten Mächten dieser Welt und zu einer Anfrage an die eigene Kirche, ihrer Repräsentanten und deren jeweiliger Option.

·         Die Kirche von Bambamarca wurde zu einer machtvollen kritischen Instanz gegenüber den gesellschaftlichen Mächten, zu einer sichtbaren Alternative und damit zu einem Ort der Hoffnung und des Aufbruchs. Ihre Macht und damit ihre Wirkmächtigkeit lag gerade darin, dass sie nach weltlichen Maßstäben auf Macht verzichtete, es war die Macht der Ohnmächtigen. Ihre größte und oft alleinige Stütze war der Bischof von Cajamarca, der allerdings eine reale Macht und Autorität gegenüber Staat und Gesellschaft verkörperte.

·         Eine Besonderheit der Kirche von Bambamarca war, dass sich eine direkte Beziehung zwischen Katecheten bzw. Pfarrgemeinderat und Bischof entwickelte. Die jeweiligen Priester hatten bestenfalls eine Mittlerrolle. Dies führte gelegentlich zu Irritationen auf allen Seiten und erwies sich besonders dann als Nachteil, als es zum Bischofswechsel kam.

·         Zwar konnten interne Probleme innerhalb des Klerus eine befreiende Pastoral nicht gefährden, doch eine der bisherigen Praxis entgegen gesetzte radikal andere Option neuer Priester - und dies auch noch in enger Verbundenheit mit einem neuen Bischof - wurde als Existenz bedrohend erfahren. Dies bedroht auch real das Weiterleben der Kirche in Bambamarca in ihrer vorher gelebten Praxis und Struktur.

·         In dieser Situation erfahren die „versprengten Reste des Volkes Gottes“ eine reale Ermutigung und Hilfe in ihren ausländischen Partnern. Das ursprüngliche Paradoxon, dass eine authentisch einheimische Kirche vor allem von Ausländern und gegen den Willen lokaler Interessengruppen aufgebaut werden konnte, findet nun seine Bestätigung und Fortsetzung: die Campesinos von Bambamarca sehen in ausländischen Partnern (potentiell) eine große Hilfe, um sich gegen die Willkür des einheimischen Klerus und dessen politischen Verbündeten verteidigen zu können

 

 

Gerade auch im Blick auf die deutsche Kirche gilt es, zwei Punkte festzuhalten, zum einen:  die Kirche besitzt aus sich selbst heraus die Kraft, ihre Strukturen, Methoden und insgesamt ihre gesamte Art und Weise der Pastoral und der Verkündigung zu ändern, wenn sie die entsprechenden Prioritäten setzt - das Evangelium und die Bedürfnisse der Menschen, vorzugsweise der Armen; zum anderen: das Beispiel Bambamarca zeigt auch, dass die Kirche die Kraft besitzt, gesellschaftliche Veränderungen anzustoßen und damit zu einem wichtigen gesellschaftlichen Faktor zu werden - nicht im Sinne eines Bundes mit den Mächtigen, sondern als Anwalt und Stimme der Ohnmächtigen.

Für die deutsche Kirche würde dies bedeuten, dass sie dann als ernstzunehmender Faktor in der Gesellschaft wahrgenommen werden wird, wenn sie sich auf die Verkündigung der „Guten Nachricht“, auf ihren spezifisch ureigenen Auftrag, besinnen würde - freilich im Sinne einer Verkündigung in der Nachfolge Jesu, einem Verzicht auf alle staatlichen Privilegien und im Widerstand gegen die Götzen dieser Welt.

 

 

Defizite

 

Von den Campesinos, die stets aktiv in der Pfarrei mitgearbeitet haben, werden vor allem zwei Punkte genannt, die sie als Problem gesehen haben: zum einen die mangelnde Klärung der Rolle der Pfarrer und zum anderen - und dies wird vor allem von jüngeren Mitarbeitern geäußert - das Problem des Generationenwechsels. Bischof Dammert hat nahezu alle Probleme mit den Campesinos direkt besprochen, nur eine Frage hat er nicht mit Ihnen besprochen und noch weniger im Einvernehmen mit ihnen entschieden: die Ernennung der Pfarrer. Das gilt auch für die anderen kirchlichen Mitarbeiter von außen, angefangen von den ersten Entwicklungshelferinnen (hier konnten die Campesinos selbstverständlich noch nicht mitreden), bis zu den Mitarbeitern von außerhalb, die zuletzt nach Bambamarca kamen. Doch wie hätten die Campesinos im Vorfeld mitentscheiden können, zumal die Auswahl geeigneter Priester äußerst eingeschränkt war?

 

Dennoch werden hier grundsätzliche Probleme deutlich: zum einen der Mangel an geeigneten Priestern und Mitarbeitern, deren mangelnde Vorbereitung auf die spezielle Situation hin. Zum anderen lag ein Widerspruch in der Person Dammerts selbst, der zwar im Zweifelsfall mehr den Campesinos vertraute als seinen Priestern, der aber als Bischof meinte, es sich im Rahmen der vorgegeben kirchlichen Strukturen nicht leisten zu können, notfalls für eine gewisse Zeit die Pfarrei ohne Pfarrer zu belassen oder gar einen Campesino, einen verheirateten Katecheten, offiziell als Gemeindeleiter einzusetzen. Erst recht stand für ihn ein Bruch mit Rom nie zur Debatte, z.B. durch die Weihe verheirateter Männer. Er kämpfte in Rom für eine andere Ausbildung der Priester, für andere Kriterien für die Zulassung zur Weihe etc., er war auch zeitweise, vor allem in den Jahren 1974 - 1978, diesbezüglich sehr zuversichtlich, doch hat er nie einen Schritt unternommen, der die Einheit der weltweiten Kirche hätte in Gefahr bringen können. Auch Dammert definierte die Einheit der Kirche zuerst vom Papst her und Weltkirche bedeutete für ihn zuerst die Einheit der Bischöfe untereinander und mit dem Papst.

Festzuhalten bleibt, dass die Entwicklung der Pastoral in Bambamarca eine Dynamik entwickelte, mit der nur wenige Priester Schritt halten konnten und die bald an die engen Grenzen der römischen Tradition stieß.

Eine fest gefügte kirchliche Struktur mit ihrer Verrechtlichung, ihren Verkrustungen und nicht von der Bibel her ableitbaren Strukturmerkmalen, droht den weiteren Weg der Kirche des Volkes zu blockieren bzw. diese Strukturen erweisen sich für die Zukunft als ungeeignet, um dem Volk Gottes den Weg weisen zu können.

 

Die Kritik jüngerer Mitarbeiter vom Land bezieht sich darauf, dass es ihrer Meinung nach nicht gelungen ist, eine zweite Generation von Katecheten und weiteren Mitarbeitern heranzubilden Aus einem Gespräch mit ehemaligen Mitarbeitern des Despertar (unter ihnen Leonardo Herrera, am 30.1.2001): „Die Erfahrungen der ersten Generation konnten nicht weitergegeben werden bzw. die ‚Alten’ sträubten sich und sahen in den Jungen nur eine Konkurrenz. Es wurde nicht das Problem der Weitergabe, der Tradierung gesehen“. Auch der Bischof maß diesem Problem keine allzu große Bedeutung bei. Zwar sah er theoretisch das Problem, er ermutigte aber nicht die Jugendlichen, es wurde ihnen keine Freiräume gelassen und erst recht keine Verantwortung übergeben. Vielen sehr begabten und engagierten Nachwuchskräften wurde die Pfarrei zu eng und sie suchten sich neue Betätigungsfelder, was dann prompt von den Älteren als „Verrat“ ausgelegt wurde. Der Pfarrgemeinderat war von den bisherigen Katecheten beherrscht.

In der Praxis zeigten sich die Probleme darin, dass für Projekte der Jugendlichen, die ihnen sehr am Herzen lagen, wie die Zeitung „El Despertar“, wie das Projekt „Quiliche“ und Radioprogramme der Pfarrei, immer häufiger kein Geld mehr da war. Vor allem für Weiterbildungskurse für Mitarbeiter des Despertar und generell für Kurse mit Jugendlichen fehlte häufig das Verständnis und dann auch die Finanzierung. Das war letztlich mitverantwortlich für das Ende von Despertar. Der Pfarrgemeinderat sah Despertar nicht mehr als eine dringliche Aufgabe an. So gab es zeitweise noch nicht einmal mehr ein Essen für die Mitarbeiter, so dass sie das Essen von zu Hause mitbringen mussten, sie waren 1-2 Tage pro Woche von zu Hause weg und bekamen keine Bezahlung. Die Pfarrer fühlten sich nicht mehr für den Despertar verantwortlich, sie hielten den Despertar für eine Marotte der Jungen und nicht mehr für die Stimme der Pfarrei. Nach den Aussagen der jungen Mitarbeiter haben die beiden Pfarrer A. Osorio und R. Estela etwa ab 1986 das Interesse am Despertar verloren bzw. sie nahmen sich  keine Zeit mehr dafür. Sie hätten sich ja aus der Mitarbeit am Despertar zurückziehen können und die Arbeit ganz den sehr gut ausgebildeten Mitarbeitern überlassen können. Einen Despertar aber ohne ihre eigene Mitarbeit bzw. Verantwortung als Pfarrer hätten sie nicht mehr als die Stimme der Pfarrei akzeptieren können. Die beiden Pfarrer hielten sich nach anfänglicher Verunsicherung eher an die Älteren und wurden umgekehrt auch von diesen gestützt.

 

Die Schwestern suchten sich immer mehr ihre eigenen Freiräume und setzten sich andere Schwerpunkte, z.B. der Versorgung der Kranken und der behinderten Kinder. Die Prioritäten wurden anders gesetzt und der Bischof konnte oder wollte keine neuen Akzente mehr setzen. Die jungen Mitarbeiter: „Bischof, Priester, alte Katecheten, erst recht Dortmund ließen den Despertar sterben. Ein Skandal, dass für Despertar kein Geld mehr da war“! Wenn diese Kritik auch aus einer gewissen Verbitterung heraus entstanden sein mag, so ist es doch bemerkenswert, dass für die Durchführung von notwendigen Kursen oft kein Geld bereit gestellt wurde (Kurskosten etwa 100 - 200 DM), für andere Dinge aber oft mehr als genug Geld da war. So wurden aus Dortmund monatlich 1.200 Dollar für Bambamarca an den Bischof überwiesen. Lange nach dem Ende des Despertar und angesichts einer total veränderten Situation in der Pfarrei stimmten die alten Katecheten im Wesentlichen dieser Kritik zu und gestanden Versäumnisse ein. Sie sahen nachträglich, dass es auch ein großer Fehler war, nicht auf der direkten Verwaltung der Gelder aus der Partnergemeinde aus Dortmund zu bestehen und zu wenig für die Ausbildung von Jugendlichen getan zu haben. Die Campesinos mussten nach Cajamarca reisen und für jedes Vorhaben beim Bischof um Geld bitten. Dies erhielten sie zwar meist, aber es gab keine Transparenz - weder woher das Geld kam, noch für was und für wen dies bestimmt war. Auch in diesem für den Bischof selbstverständlichen Verhalten zeigt sich eine spezielle Variante des oben genannten kirchenstrukturell bedingten Verhaltens: Bischof Dammert konnte nicht sehen, dass die Notwendigkeit der Campesinos, ständig um Geld betteln zu müssen, einer weiteren Emanzipation der Campesinos im Wege stand - er sich quasi selbst im Weg stand.

 

In der Partnergemeinde St. Martin in Dortmund wurde dieses Problem ebenfalls nicht erkannt. Auch das Ende vom Despertar wurde eher am Rande zur Kenntnis genommen. Eine spirituelle und pastorale Begleitung und Mitverantwortung für die Arbeit in Bambamarca lag nicht innerhalb des sich selbst gesetzten beschränkten Horizonts und wäre zudem von Bischof Dammert nicht akzeptiert bzw. als unzulässige Einmischung bezeichnet worden. Dies ist als Vorgeschichte und als Hintergrund zu beachten, wenn angesichts der aktuellen Situation in Bambamarca die deutsche Partnergemeinde und die Katecheten selbst es so schwer haben.

 

Auch das folgende Zeugnis - aufgezeichnet am 28. 1. 2001 in Cajamarca und hier in eigener Zusammenfassung wiedergegeben -, das von einigen engen ehemaligen Mitarbeitern Dammerts stammt und die verzweifelt eine Erklärung dafür suchen, wie nach dem Weggang Dammerts so viel zusammenbrechen konnte, weist in überspitzter Form darauf hin, dass ein charismatischer Bischof Gefahr lief, bestimmte Bereiche, die für ein menschliches Zusammenleben im Alltag von großer Bedeutung sind, nicht wahrnehmen konnte.

Ich selbst teile nicht in allem diese folgende überspitzte Kritik, halte sie aber im Ansatz für richtig, vor allem aus der Situation der betroffenen jüngeren Campesino - Mitarbeiter heraus und im Bezug auf die Partnerschaften.

 

„Bischof Dammert war das absolute Zentrum, er hatte und hielt alle Fäden in der Hand. Selbst bei Partnerschaften: er war zuerst von Partnerschaften nicht begeistert, weil er dann letztlich doch - wie er meinte - alle Briefe beantworten musste; d.h. er war nicht in der Lage und willens, in den Pfarreien und Gruppen vor Ort für den Sinn der Partnerschaft zu werben und entsprechende Strukturen zu schaffen. Vor allem war Bambamarca sein Projekt. Alles lief über ihn und die Katecheten wandten sich direkt an ihn, manchmal auch einzeln, was zu völlig unterschiedlichen Einschätzungen seinerseits führte und zu Widersprüchen. Er setzte in den kritischen Momenten, z.B. 1989, drei völlig unerfahrene, darunter zwei völlig unwürdige Priester in Bambamarca ein. Er setzte immer nur auf Einzelpersonen, nie auf Basisgruppen in ihrer demokratischen Struktur. Er wollte von Basisgemeinden nichts wissen bzw. er sagte, er wolle keine brasilianischen Modelle nachahmen. Er hatte ein personalistisches, fast diktatorisches Denken und war nicht demokratisch eingestellt (was kirchliche Leitung anbelangt.). Es gab nie Diözesanräte, Priesterräte, noch nicht einmal Pfarrgemeinderäte (außer Bambamarca) und es gab auch kein Beratergremium. Entscheidungen traf er stets allein, höchstens, dass er eine einzige Person befragte, wobei es dann Zufall war, wen er gerade befragte und wem er sein Ohr lieh. Ernsthafte Probleme wurden nicht unter Beteiligung der verschiedenen Parteien durchdiskutiert und nach einer gemeinschaftlichen Lösung gesucht. Folge: nach dem ‚Ausfall’ von Dammert gibt es bis heute ein riesiges Loch, keine Mitte und kein Zentrum mehr. Es gab keine Vorbereitung auf den Bischofswechsel, keine eigenständigen Strukturen, noch schlimmer: das, was Kirche ist, Option für die Armen etc., wurde von den meisten seiner Mitarbeiter von der Person Dammert her abgeleitet und nicht von den Quellen her verstanden. Nach dem Weggang Dammerts klafft also auch hier ein Loch und manche meinen, nun wäre eben die Zeit dieser Art von Kirche vorbei und sie können nicht aus einem eigenen Fundament und Vision heraus begründen, warum sie auf dem bisherigen Weg weitergehen sollen. Dies macht es Bischof Simón leicht, von den Anhängern Dammerts (‚Dammeristas’) zu sprechen, die unglückseligerweise noch vergangenen Zeiten nachtrauern“.

 

 

PS:

Zu den Auswirkungen des Bischofswechsels und dem Einsatz von Priestern des Opus Dei in Bambamarca siehe u.a.:  Bambamarca - das Pilotprojekt von Bischof Dammert.