CAJAMARCA: Bettler auf dem goldenen Thron - Profite der Bergbauindustrie geht an den Armen vorbei
 
Von Milagros Salazar

Lima, 29. August (IPS) - Weil die internationalen Rohstoffpreise steigen, machen Minenkonzerne in Peru immer größere Profite. Doch die Bevölkerung geht weitgehend leer aus. Daran wird sich auch in naher Zukunft kaum etwas ändern: Hatte der seit dem 28. Juli amtierende Staatspräsident Alan García im Wahlkampf angekündigt, mit den Bergbaufirmen neue Verträge auszuhandeln, von denen auch die Armen im Lande profitieren, will er sich nun mit "freiwilligen" Beträgen der Konzerne zufrieden geben. 'Peru ist ein Bettler auf einem goldenen Thron' lautet ein altes peruanisches Sprichwort. Tatsächlich sitzt der Andenstaat auf einem ansehnlichen Goldvorkommen, das ihn zum fünftgrößten Produzenten der Welt gemacht hat. Aber auch andere Rohstoffe sind in Peru reichlich vorhanden. So ist das südamerikanische Land zweitgrößter Silber-, drittgrößter Kupfer- und Zink- und viertgrößter Bleiproduzent.

Die bedeutendste Goldmine ganz Lateinamerikas liegt in der peruanischen Nordwestregion Cajamarca - ausgerechnet dort, wo mehr als 74 Prozent der Menschen arm und 24 Prozent extrem arm sind. Betrieben wird die Mine vom 'Yanacocha'-Konzern gemeinsam mit 'Newmont' aus den USA und 'Buenaventura' aus Peru, die vom internationalen Preisanstieg mächtig profitieren. In der südperuanischen Stadt Cusco, wo der anglo-australische Konzern 'BHP Bilinton Tintaya' nach Kupfer schürft, sind 59,2 Prozent der fast 1,2 Millionen Einwohner arm. In der westlichen Region Ancash, wo die kanadische Firma 'Barrick Gold' das Edelmetall abbaut, leben 55,3 Prozent der Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze. In den vergangenen zwei Jahren sind die Preise für Kupfer um 111 Prozent gestiegen, die für Gold um 42,5 und für Silber um 65,5 Prozent. So konnte Yanacocha in der ersten Jahreshälfte 2006 seine Nettogewinne von 210 Millionen US-Dollar auf 681,5 Millionen Dollar steigern. Die fünf größten Bergbaukonzerne Perus haben in diesem Jahr bisher rund 2,76 Milliarden Dollar eingenommen.  Doch die an für sich positive Entwicklung geht an den umliegenden Gemeinden weitgehend vorbei. Schlimmer noch: Durch den Bergbau werden Flüsse und Seen verseucht, und die Sanierung der Umwelt dem ohnehin mittellosen Staat überlassen.

Vertragsbindungen
Staatspräsident García hatte ursprünglich vor, neue Verträge mit der Bergbauindustrie auszuhandeln und Steuern auf deren Profite zu erheben. Die Gelder sollten für die soziale Entwicklung des Landes verwendet werden. Doch die Konzerne bestehen auf freiwillige Beiträge. Sie haben angeboten, in den kommenden fünf Jahren 757,5 Millionen Dollar für die Armutsbekämpfung bereitzustellen. Steuern auf unerhoffte Profite, wie sie García während seiner Wahlkampagne angekündigt hatte, schließen sie grundsätzlich aus.
Viele Unternehmen können sich auf Verträge berufen, die während der Regierungszeit von Alberto Fujimori zwischen 1990 und 2000 unterzeichnet worden sind und ihnen 'rechtliche Stabilität' zusichern. Konkret bedeutet dies, dass die Firmen von Steuern auf unverhoffte Gewinne entbunden sind.
Die Firmenchefs argumentieren sogar, dass die 2004 beschlossene Zahlung von Lizenzgebühren rückgängig gemacht werden müsse, weil auch sie eine Form der Besteuerung seien. Die Forderung wurde vom Verfassungsgericht mit der Begründung abgewiesen, dass Lizenzgebühren als Gegenleistung für den Abbau nicht nachwachsender Rohstoffe zu betrachten sind. Dennoch verweigern Konzerne, deren Verträge die Klausel über die rechtliche Stabilität enthalten, die Zahlung der Lizenzgebühren. Auf diese Weise sind dem peruanischen Staat im vergangenen Jahr fast 158 Millionen Dollar an zusätzlichen Geldern entgangen, rechnet der frühere Präsidentschaftskandidat der Sozialistischen Partei, Javier Diez Canseco, vor. Nach offiziellen Angaben haben die Konzerne zwischen 1996 und 2002 insgesamt 682 Millionen Dollar Lizenzgebühren gezahlt.
Dem Bergbauministerium zufolge zahlen 25 der 27 großen Minenkonzerne, deren Verträge Rechtsstabilität zusichern, keine Lizenzgebühren. Dazu zählen Barrick Gold und BHP Billiton Tintaya, die immerhin einen freiwilligen Beitrag zahlt. 40 kleinere Firmen halten sich dagegen an die Auflagen, ebenso die drei Unternehmen Buenaventura, 'Shougang' und 'Southern Peru', deren Verträge 2005 ausgelaufen sind.
Während der Streit um Zahlen und Verträge anhält, hat sich der Konflikt zwischen Bergbaufirmen und Bevölkerung weiter verschärft. Anfang August starb ein Kleinbauer bei Zusammenstößen mit der Polizei und Yanacocha - Sicherheitsleuten in der nordperuanischen Stadt Combayo. Der Vorfall wird untersucht. Die örtliche Bevölkerung hat mitgeteilt, sich auf dem Kriegspfad zu befinden.
 
Quelle: IPS (von Michael A. Schrick platziert)