CAJAMARCA: Dramatische Ereignisse um den Berg Quilish
 
HINTERGRUND DER SITUATION
In Cajamarca in den nördlichen peruanischen Anden wird auf einer Höhe um 4000 m seit dem Jahr 1993 Gold im Zyanidlaugungsverfahren gewonnen. Die dort aktive Bergbaugesellschaft ist Minera Yanacocha. Mehrheitseigner ist die US-amerikanische Newmont Corporation (www.newmont.com), ca. 43% hält das peruani-sche Unternehmen Buenaventuras und 5% der Anteile an Minera Yanacocha hält die Weltbank über ihren privatwirtschaftlichen Sektorarm, die International Finance Corporation (www.ifc.org).
Das Bergbaugelände erstreckt sich über eine Fläche von ca. 250 km². Seit dem Jahr 1993 wurden fünf Lagerstätten erschlossen und ebenso viele Berge abgetragen. Die Goldproduktion von Minera Yanacocha um Cajamarca ist die höchste in ganz Lateinamerika und beläuft sich auf ca. 90 Tonnen Gold jährlich.
Die lokale Geschichte des Bergbaus seit dem Jahr 1993 ist durch zahlreiche Umwelt- und soziale Konflikte gekennzeichnet (Umweltverschmutzung, Landnutzungskonflikte, Enteignung, Minera Yanacocha als manipulativ agierender Akteur in Cajamarca).
In der Stadt Cajamarca, deren Trinkwasserdargebot zu überwiegenden Teilen aus der Bergbauzone stammt und dort entspringt, leben ca. 140.000 Menschen. In der sogenannten Einflußzone des Bergbaus (wozu in diesem Fall nicht die gesamte Stadt gerechnet wird) leben ca. 110.000 Menschen, davon viele Bauern und Bäuerinnen (campesinos) im ländlichen Bereich.
Der Berg Quilish, gelegen ca. 8 km vom Wasserwerk El Milagro im Norden der Stadt, ist das aktuell nächste Erkundungsziel für Minera Yanacocha. Der peruanische Staat gab dazu in diesem Jahr die offizielle Genehmigung, obwohl seitens der Stadt- und Landbevölkerung Cajamarcas keine soziale Lizenz für diese Aktivitäten besteht und VertreterInnen von Minera Yanacocha beständig sagten, es werden keine Schritte unternommen, ohne diese soziale Lizenz seitens der Bevölkerung erhalten zu haben.
Der Quilish wird zu großen Teilen von Kleinbauern (campesinos) genutzt, ihn durchziehen Bewässerungskanäle, die für die Bauern in dieser semiariden und wenig ertragreichen Zone von äußerster Bedeutung sind, und er gehört zum bedeutenden Wassereinzugsgebiet, das die Stadt Cajamarca mit Trinkwasser versorgt. Die bergbauliche Erschließung des Quilish stellt sowohl eine Bedrohung der Wasserqualität als auch der verfügbaren Wassermenge dar.
Konflikte um Landerwerb, -zugang und -nutzung im Bereich des Quilish gab es bereits in den Jahren 1993 und 1994 zwischen Minera Yanacocha und den ansässigen Bauern, als in diesen Jahren die ersten Erkundungsarbeiten durchgeführt wurden. Der aufgrund der Erkundungen geschätzte Goldvorrat im Quilish stieg bis heute auf mehr als 100 t. Dies entspricht auf der Basis aktueller Börsengoldkurse einem monetären Wert von ca. 1,5 Mrd. US Dollar.
Im Jahr 2000 wurde der Quilish von der Provinzregierung Cajamarcas zur unberührbaren Zone erklärt, um ihn vor der Erschließung zu schützen. Mit Klagen gegen diesen Beschluss scheiterte Minera Yanacocha vor dem Gerichtshof in Cajamarca. Erst das Verfassungstribunal Perus entschied Anfang April 2003, dass die Unterschutzstellung des Quilish nicht rechtens sei.
Nach diesem Urteil fanden weiterhin regelmäßig Proteste in Cajamarca gegen die drohende Erkundung und Erschließung des Quilish statt. Das fortgesetzte Desinteresse staatlicher Behörden, auf die Klagen und Forderungen der Bevölkerung nach mehr Mitbestimmung und Beteiligung zu hören, führte schließlich zu den jüngsten Entwicklungen.

AKTUELLE ENTWICKLUNGEN
Am 16. Juli 2004 genehmigte das Ministerium für Bergbau und Energie formell die Erkundungsarbeiten durch Minera Yanacocha am Berg Quilish. Der Widerstand der Bevölkerung gegen diesen Entscheid wurde jedoch fortgesetzt und führte zu einem Treffen von VertreterInnen der Bauerngemeinden mit VertreterInnen des genannten Ministeriums am 18. August 2004. An diesem Tag wurde beschlossen, am 26. August einen Runden Tisch (Mesa de Diálogo) einzurichten mit Vertretern lokaler, regionaler und nationaler Behörden, der Bergbaugesellschaft und mit Vertretern der betroffenen Gemeinden. Jedoch wurde dieser Termin von den Behördenvertretern ohne Ankündigung oder Angabe von Gründen nicht wahrgenommen.
Die fortgesetzt ignorante Verhalten gegenüber ihren Forderungen nach dem Stopp der Erkundungsarbeiten beantworteten die Bauern am 2. September 2004 mit einem Marsch auf das bestehende Camp von Minera Yanacocha am Berg Quilish. 3.000 Bauern marschierten zum Quilish, um ihren Forderungen Ausdruck zu verleihen und gegen die Erkundung zu protestieren.
Am 2. September 2004 gab es Zusammenstöße mit der peruanischen Nationalpolizei und Militäreinheiten, die gegen die Bauern unter Einsatz von Tränengas vorgingen, das von Hubschraubern abgeschossen wurde. Auf beiden Seiten gab es Verletzte. Zahlreiche Bauern wurden verhaftet, darunter auch Kinder und alte Männer und Frauen. Von Misshandlungen in den staatlichen Untersuchungsstellen wird berichtet. Den demonstrierenden Bauern gelang es dennoch den Quilish einzunehmen und die Straße zu blockieren, die von Cajamarca nach Norden in Richtung Bambamarca zum Hauptsitz der Bergbaugesellschaft führt. Es kam zum Zusammenschluss und zu Solidaritätsbekundungen zwischen den Bauern und EinwohnerInnen der Stadt Cajamarca.
Die Blockade der Straße für den öffentlichen Verkehr wurde bis zum 7. September aufrecht erhalten, nachdem am Vortag wiederum ein Treffen mit Vertretern des Bergbauministeriums scheiterte, indem die Verantwortlichen nicht erschienen. Lediglich ein Treffen mit Vertretern der Lokal- und Regionalregierung wurde absolviert. Fahrzeuge von Minera Yanacocha durften die Blockade nach wie vor nicht passieren.
Den Vertretern des Ministeriums wurde eine Frist bis zum 8. September gesetzt, um den Forderungen der betroffenen Bauerngemeinden nachzukommen. Am gleichen Tag gab es in Cajamarca einen massiven Aufzug der Bevölkerung. Es versammelten sich 7.000 Menschen auf dem zentralen Platz in Cajamarca (Plaza de Armas). Die Aussage war, dass weiterer Widerstand gegen die Erkundungsarbeiten am Quilish folgen wird, wenn die Genehmigung seitens des Ministeriums nicht zurückgezogen wird. Die Demonstration stand unter dem Motto: NIEMALS GEBEN WIR DIE SOZIALE LIZENZ FÜR DEN ABBAU DES BERGES QUILISH.
Die Antwort der Vertreter des Ministeriums steht bisher noch aus.

Von:  Mathias Hohmann (Eigener Bericht)