Kinderträume sind wertvoller als Gold

 

Marco möchte in einer gesunden Umwelt leben. Er ist sechs Jahre alt und lebt in La Oroya.  Marco möchte, wie viele Kinder in der Welt, Arzt werden, um seinen Freunden helfen zu können. Wie kann er das erreichen, wenn sein Blut mit Blei vergiftet ist?

 

Die Umwelt des 3.750 Meter über dem Meeresspiegel im zentral andinen Hochtal des Mantaro Flusses gelegenen La Oroya ist verschmutzt wie nur wenige andere Orte dieser Welt. Die Erzverhüttungs­anlagen von Doe Run Peru sind ursächlich für die Umwelt und Gesundheit belastende Situation. Die Produktionsanlagen emittieren Schwer­metalle, Stäube und Schwefel­dioxid in das Tal und nehmen den Bewohnern Tag für Tag die Luft zum Atmen.

 

La Oroya ist  bekannt durch das Phänomen der „Bleikinder“. Diese Kinder weisen Bleikonzentrationen im Blut auf, die die Richtwerte der Weltgesundheitsorganisation (WHO) um ein Vielfaches übersteigen. Eine normale seelische und körperliche Entwicklung ist für diese Kinder nicht möglich. Das Nervensystem verliert seine Funktionsfähigkeit, Leber und Nieren werden zerstört. Empfindliche Menschen leiden darunter am meisten, wie z. B. Schwangere und Neugeborene. Nach einer Studie des peruanischen Gesundheitsministeriums leiden 99 % der dort lebenden Kinder unter einer Blutvergiftung durch Blei.

 

Marco hat als Bleikind  keine Chance seine Träume zu verwirklichen.

 

Die Anlage in La Oroya wurde 1922 in Betrieb genommen. 1997 erwarb Doe Run Peru die Produktionsanlagen vom peruanischen Staat. Dieser hatte als Betreiber zur extremen Umweltverschmutzung beigetragen. Mit dem Erwerb verpflichtete sich Doe Run Peru zu notwen­digen Investitionen im Umweltbereich. Jedoch wurden die laut Umweltinvestitionsplan gesetzten Fristen regelmäßig auf Antrag des Unternehmens verschoben - mit Hilfe des peruanischen Staates, der dem Druck des Unternehmens jeweils nachgab. Die erforderlichen Technologien (z. B. Filteranlagen) wurden nicht eingebaut.

 

2006 möchte Doe Run Peru die Erfüllung dieser Pflichten um weitere 5 Jahre hinausschieben. Um das zu erreichen droht das Unternehmen mit der Schließung der Anlage, wodurch viele Arbeitsplätze verloren gehen würden. Das hat zur Folge, dass die Gewerkschaften die Firma unterstützen. In La Oroya sind die bestehenden Fronten ungewöhnlich: Arbeiterschaft und Konzern gegen die vitalen Interessen (Gesundheit, Umweltschutz) der lokalen Bevölkerung.

 

Der weltweite Bedarf an zu Metall veredeltem Erz wächst beständig. Die dadurch steigenden Metallpreise auf dem Weltmarkt erhöhen mehr und mehr die Gewinne von Doe Run Peru in La Oroya. Denn Doe Run Peru gehört als Tochterunternehmen zur Doe Run Company mit Sitz in St. Louis, Missouri, USA. Die Doe Run Company ist wiederum ein Tochterkonzern der Renco Group, die als Holding mehrere Unternehmen der Bergbau-, Stahl- und Kohlebranche vereint. Diese Unternehmen erwirtschafteten zusammen im Jahr 2004 einen Umsatz von 2 Mrd. US$ und bildeten einen Wertbestand von 2,4 Mrd US$. Die Renco Group gehört zu den größten privaten Holdings in den USA und wurde in den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts vom Börsen- und Unternehmensspekulanten Ira Rennert gegründet und aufgebaut.

 

Ein Hoffnungsschimmer für Marco

2005 wurde eine wissenschaftlich fundierte, medizinische Studie durch die Medical School der St. Louis University durchgeführt, die von allen wesentlichen Akteuren vor Ort – einschließlich Doe Run Peru - anerkannt wurde. Diese Studie bestätigt, was vorherige Studien schon besagten: Die Bleikonzentrationen im Blut der Menschen und insbesondere der Kinder in La Oroya übertreffen die Richtwerte der Weltgesundheitsorganisation.

Die Ergebnisse der vorliegenden Studie führen nun nicht automatisch zu den notwendigen Maßnahmen, die die Situa­tion in La Oroya für die dort lebenden Menschen verbessern würden. Dafür braucht es den Druck auf die Leute, die diese Entscheidungen treffen können und müssen. Und für diesen Druck brauchen die Menschen vor Ort und die dort tätigen Organisationen unsere Unterstützung.