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Köln, 15. Juni 2004: „Cajamarca ist das Tschernobyl Perus“.

 

 

Tausende Menschen und Tiere in den Bergbau-Regionen Perus leiden unter Hautverätzungen, Gehschwäche, bringen missgebildete Kinder und Tiere auf die Welt. Ursache dafür sind die eingesetzten Gifte Zyanid und Quecksilber, um Gold, Silber und Kupfer in den 239 Minen Perus kostengünstig und schnell abbauen zu können. Daher startet die Kölner Sozial- und Entwicklungshilfe des Kolpingwerkes gemeinsam mit Misereor, Caritas und weiteren 13 Peru-Gruppen eine bundesweite Informations-Kampagne mit dem Titel:

„Bergwerk Peru: Reichtum geht – Armut bleibt“.

Der einzige Unterschied: Statt durch Strahlen werden Menschen, Tiere und die gesamte Umwelt durch die Gifte Zyanid und Quecksilber der Gold-Minen krank gemacht“, erläutert Nilton Deza, Professor für Umweltwissenschaft an der Nationalen Universität in Cajamarca und Direktor der dortigen Organisation ECOVIDA anlässlich einer Pressekonferenz der Sozial- und Entwicklungshilfe des Kolpingwerkes (SEK) in Köln.

Daher hilft der SEK gemeinsam mit Misereor, Caritas und weiteren 13 Peru-Gruppen aus Deutschland den Einwohnern von Cajamarca und in den anderen 238 Minenregionen Perus bei der Einforderung ihrer Rechte. Dazu haben sie gleichzeitig mit dem Beginn des Katholikentages in Ulm eine bundesweite Bergbau-Kampagne gestartet. Und diese Kampagne sei dringend nötig, erläutert Deza. Denn der Gifteinsatz durch den Bergbau hätte schwere Folgen: Das Grundwasser werde verseucht und die Einwohner und Tiere trinken das vergiftete Wasser. Das wiederum führe zu Hautverätzungen, Menschen und Tiere können nicht mehr gehen, bringen missgebildeten Nachwuchs zur Welt. „Ist das Gold erst abgebaut - eine Tonne Abbaumaterial ergibt im übrigen nur 1,5 bis 2 Gramm Gold - gleicht die zurückgebliebene Gegend einer Mondlandschaft. Der Boden ist tot, hier wächst nichts mehr“, bestätigt auch Hans Drolshagen, Geschäftsführer der SEK.

Ziel der Kampagne ist es, die Deutschen über die verletzten Menschenrechte in Cajamarca und anderen Bergbau-Regionen Perus zu informieren und Gespräche mit Politikern in Berlin und Brüssel zu führen. Am kommenden Donnerstag wird die Delegation vom Gesprächskreis Lateinamerika der SPD-Bundestagsfraktion, an dem auch der Wissenschaftler Ernst Ulrich von Weizsäcker teilnimmt, empfangen. So soll auf politischer Ebene Druck auf die Regierung in Peru ausgeübt werden, damit die internationalen Konzerne die vorhandenen Gesetze zum Schutz der Bergwerk-Arbeiter auch einhalten. Außerdem sind zahlreiche Informationsveranstaltungen und Ausstellungen in Berlin, Ulm, München, Dortmund und in anderen Städten geplant.

 

Bericht des DLF (Deutschlandfunk), 16. Juni 2004

 

Um Gold und Silber zu gewinnen, wird Zyanid und Quecksilber eingesetzt. Mit diesen giftigen Chemikalien wird das glänzende Metall ausgewaschen. In Peru wird auf diese Weise in 239 Minen Gold, Silber und Kupfer geschürt. Tausende Menschen und Tiere erkranken in den Bergbau-Regionen Perus an Nervenkrankheiten und Hautverätzungen. Viele Kinder kommen behindert und mit Missbildungen auf die Welt. In der nördlichsten Provinz Perus in Cajamarca greift der Bergbau ebenso zerstörerisch um sich wie in anderen Bergbau-Gebieten.

Prof. Nilton Deza ist Umweltwissenschaftler an der Universität Cajamarca:

Die Minen haben unglaublich negative Auswirkungen auf die Umwelt um Cajamarca, aber nicht nur dort, sondern überall, wo diese Goldminen sind. Die Produktion des Goldes lässt die Flüsse umkippen, das heißt die Flüsse sind völlig tot, mit Schwermetallen verseucht, mit Arsen und Quecksilber. Das macht alle krank, Menschen und Tiere, die an den Flüssen leben. Und zerstört die Natur in der ganzen Umgebung.

Cajamarca wird auch das Tschernobyl Perus genannt, nur dass die Menschen hier nicht durch Strahlen, sondern durch toxische Gifte wie Zyanid und Quecksilber erkranken. An besonders schlimmen Tagen kommt das Quecksilber sogar direkt aus dem Wasserhahn. Doch was hier zählt, ist nicht die Gesundheit der einheimischen Bevölkerung, sondern der Gewinn meist ausländischer Investoren.

Hans Drolshagen, Geschäftsführer für Entwicklungshilfe des Kolpingwerks:

Es gibt in Peru nur fünf internationale Multis, fünf Bergwerksorganisationen, die dort tätig sind, die gründen peruanische Aktiengesellschaften, in denen sie die Mehrheit haben. Die internationalen Multis haben immer das Sagen und den größten Einfluss auf die Politik und schaffen es immer wieder, selbst in sensiblen Bereichen Schürfrechte zu bekommen.

51 Prozent der Exporterträge Perus kommen aus dem Bergbausektor. Allein im letzten Jahr brachte der Export von Gold, Silber und anderen Erzen 4.600 Millionen US Dollar Gewinn.
Doch trotz der hohen Exporte ist es nicht gelungen, die peruanische Wirtschaft anzukurbeln. Nur 0,5 Prozent des gesamten Arbeitsplatzangebots ist in den Goldminen. Die ausländischen Investoren bringen ihre eigenen Ingenieure mit und brauchen nur noch wenige Hilfsarbeiter vor Ort, die nur tageweise beschäftigt werden. Früher waren die Menschen in Cajamarca Bauern, sie betrieben Milchwirtschaft, aber das Land wurde ihnen für wenig Geld entzogen. Nun ist aus dem Weideland eine Abraumhalde geworden. Allein um ein Gramm Gold zu gewinnen, muss eine Tonne Erde bewegt werden. Was bleibt, ist ein giftiger Schutthaufen. Hans Drolshagen:

Wer das nicht gekannt hat, das ist heute einfach eine unglaublich tote Landschaft bar jeden Lebens, eine Mondlandschaft, wo die Minen schürfen bzw. schon geschürft haben.
Ein Umweltministerium gibt es in Peru nicht, lediglich ein Ministerium für Bergbau, das sich ausschließlich an den Gewinnen orientiert und den Schaden für Mensch und Natur negiert.
Mit der Informations- Kampagne vom Kolpingwerk, der Menschenrechtorganisation Misereor und der Caritas soll international auf die Missstände im Perus Minen aufmerksam gemacht werden. Denn nur wenn auf internationaler Ebene politischer Druck ausgeübt wird, könnte sich die Situation für Mensch und Umwelt verbessern.

Nilton Deza: „Es gäbe Möglichkeiten und Techniken, um die Auswirkungen des Goldabbaus zu reduzieren. Als Beispiel sei die Gesetzgebung in den Vereinigten Staaten oder Europa genannt, dort sind die Minengesellschaften gezwungen zu renaturieren, dort sind sie auch gezwungen, das Wasser wieder zu reinigen. In Peru gibt es diese Auflage nicht, das heißt also die Produktion ist dort billiger. Man geht in die Länder der dritten Welt, weil man weiß, dort kann man so produzieren wie es in den Industrieländern nicht mehr möglich ist.
Hier kann man mit der Natur noch Schindluder treiben”.