Informationen zu El Quilish  (von Stäpa Berlin Köpenick - August 2004)

 

Der Berg Quilish liegt 15 km nördlich der Stadt Cajamarca. Er birgt 4 Mio. Unzen Gold, das die Bergbaugesellschaft Yanacocha ausbeuten möchte. Bei einem derzeitigen Goldpreis um 420 US$ pro Unze sind die Begehrlichkeiten des nordamerikanischen Unternehmens Newmont, dem Yanacocha überwiegend gehört, leicht verständlich.

 
Wirtschaftlich betrachtet spricht alles für den Abbau des Goldes von Cajamarca, denn die Investitionen liegen auf niedrigstem Niveau und die Gewinne sind Schwindel erregend. Während Newmont in seiner Heimat Nevada über 300 US$ für die Gewinnung einer Unze Gold ausgibt, muss es am Quilish nur 60 bis 80 US$ investieren. Der Berg soll im Zyanid-Laugungsverfahren innerhalb von 10 bis 12 Jahren ausgebeutet werden. Das Unternehmen verspricht sich einen Gewinn von ca. 1,4 Mrd. US$. Warum also nicht?


Weil das Leben von mehr als 200 000 Menschen rund um den Berg Quilish davon abhängt. Die Wasseraufbereitungsanlage „El Milagro“ der Stadt Cajamarca (140 000 Einwohner) liegt 8,5 km entfernt am Fuß des Berges. Das Trinkwasser entspringt zu 70% an den Hängen des Quilish, ebenso die Flüsse Porcón, Rio Grande und Rio Reje. 15 000 Bauernfamilien der Region benützen dieses Wasser für sich, ihr Vieh und für die Bewässerung ihrer Felder.

 
Seit elf Jahren betreibt Yanacocha mehrere Goldminen bei Cajamarca. Ganze Bergmassive werden weg gesprengt und die kilometerlangen Gesteinshalden unter freiem Himmel mit hochgiftigem Zyanid durchlaugt. Wind und tropische Regenfälle tragen die frei werdenden Schwermetalle und Gifte viele hundert Kilometer in das Land. Flüsse und Böden werden unzulässig belastet mit Arsen, Blei, Zyanid, Cadmium, Nitrat, Schwefel, Quecksilber u.a.
Die Regionalregierung Cajamarcas erklärte den Berg Quilish schon 2001 für unantastbar. Das Regionalgericht stellte fest: „Privatinteressen können dem Gemeinwohl nicht übergeordnet werden, Privatrecht wird begrenzt durch das Recht der Gemeinschaft.“ Mehrere international anerkannte Umweltstudien lehnten den Abbau des Berges wegen der drohenden Umweltfolgen ab. Trotzdem erteilte die Zentralregierung Perus vor wenigen Wochen dem Unternehmen Yanacocha nach dreijährigen Gerichtsverfahren die Erlaubnis für Bohrungen und Sprengungen, um den Abbau vorzubereiten.

 
Die betroffene Bevölkerung protestiert seit vier Jahren heftig, weil sie täglich die Umwelt- und Sozialkonflikte miterlebt, die von den benachbarten Goldminen ausgehen. Die ansässigen Bauern wurden beim Landkauf 1992/93 mit 24 US$ pro Hektar Land „entschädigt“, was einer Vertreibung gleicht. Die Minen vergiften nicht nur die Umwelt, sondern auch die Gesellschaft. Denn sie verursachen in den umliegenden Orten eine Spaltung der Gemeinden. Bürgermeister und andere Volksvertreter werden mit respektablen Bestechungsgeldern und Versprechungen gekauft, während die Mehrheit ihre Existenzgrundlage verliert.

 

Wer sich am Widerstand beteiligt, wird in den Medien denunziert und bekommt von der Mine Yanacocha gerichtliche Verfahren angehängt. Zur Zeit werden mehr als 50 Umweltschützer, darunter auch unbeugsame Bürgermeister, gerichtlich verfolgt. Besonders im Kreuzfeuer steht Padre Marco Arana, Studentenseelsorger an der Universität Cajamarca und Vorsitzender der Umweltbewegung ECOVIDA. Yanacocha macht sich in Flugblättern, in Presse, Rundfunk und Fernsehen über ihn lustig, weil er in seinen Predigten von Liebe und Versöhnung spricht und den Goldminen gegenüber so wenig Toleranz zeige. Die Minen behaupten, er verdumme das Volk und rufe zur Anwendung von Gewalt auf. Genau umgekehrt ist es: Padre Marco bittet seit Jahren die Minen und die politischen Verantwortlichen, die Meinung des Volkes ernst zu nehmen und in die Entscheidungen einzubeziehen, um Gewalt zu vermeiden. Seine Devise: Frieden ist die Frucht von Gerechtigkeit.

 

In den Dörfern Tual und La Ramada legte die Mine die Bewässerungskanäle für die Felder der Bauern trocken, um den Berg Cerro Negro abzubauen. Nachdem Padre Marco diesen Fall vor das Landwirtschafts-Ministerium brachte, wurde Yanacocha aufgefordert, die Bewässerung der Felder zu sichern. Seit März 2004 warten die Bauern auf Wasser, ohne das sie nichts anbauen können. Die Mine denkt nicht daran das Wasser zurückzugeben, da sie es selbst für die Zyanidlaugung braucht.

 
In dem Dorf Apalín verendeten Rinder und Schafe durch das mit Schadstoffen aus der Mine belastete Abwasser. Nachdem Ingenieure von Yanacocha mehrmals unangemeldet mit ihren schweren Bohrgeräten und anderen großen Fahrzeugen die Felder der Campesinos zerstört hatten, wehrten sich die Kleinbauern und verboten den Mineros den Zutritt zu ihren Äckern. Darauf hin kehrten diese mit Polizeischutz zurück, verprügelten Frauen und Männer, nahmen ein Kleinkind gefangen und brachen erneut in die Felder ein.

 
Der Bürgermeister von Tembladera erbat zusammen mit Kollegen der umliegenden Dörfer ein Gespräch bei Yanacocha, um auf die Verschmutzung und die Verknappung des Wassers durch die Minen aufmerksam zu machen. Da man sie nicht ernst nahm, protestierten sie öffentlich auf der Plaza de Armas von Cajamarca.


300 Bauern, die den Kanal „El Salvador“ mühsam in den Fels schlugen und seit Jahren damit ihre Felder bewässern, zogen am 6. August zum Quilish, um ihren Kanal gegen die schweren Maschinen und Sprengungen zu verteidigen. Sie wurden bereits von Hundestaffeln der Polizei und dem Sicherheitspersonal der Mine erwartet und nach heftigem Wortwechsel vertrieben. In diesen Tagen organisieren sich viele Dörfer, die ihr Wasser vom Quilish erhalten. Sie werden versuchen, die Mineros zurück zu drängen, um das für sie lebensnotwendige Wasser zu retten. Es wird harte Zusammenstöße geben, viele fürchten, dass Blut fließen wird.


Angesichts dieser Situation gab COPAMIC, die „Vertretung der von Minen geschädigten Gemeinden“ am 6. August eine Erklärung heraus, in der sie den Missbrauch Yanacochas und die Nachlässigkeit des Bergbauministeriums anklagt. Sie warnt vor den unkalkulierbaren Folgen des Abbaus des Berges Quilish und den vorhersehbaren Konflikten.

 

Yanacocha wird aufgefordert, seine Maschinen vom Berg abzuziehen und den Willen der Bevölkerung zu respektieren, die den Abbau des Quilish ablehnt.


Das Bergbauministerium soll die Bohrungen, Sprengungen und andere Vorbereitungsarbeiten verbieten, um mögliches Blutvergießen zu verhindern.


Die Zentralregierung wird gebeten, keinen Volksaufstand zu riskieren und darauf hingewiesen, dass der Kampf um Wasser oft tödliche Folgen hat.

 
Allabendlich werden auf der Plaza Cajamarcas Mahnwachen gehalten und friedlicher Widerstand geübt.

 
In den nächsten Tagen wird eine Massendemonstration am Berg Quilish stattfinden. Es bleibt zu hoffen, dass die Sicherheitskräfte und die demonstrierenden Bauern respektvoll mit einander umgehen und jede Gewalt vermeiden.