Eldorado der Konzerne - Südamerikas größte Goldmine steht nach
Indioprotesten still
Von Sebastian Schoepp
Gold ist Perus Reichtum, und Gold ist Perus Fluch. Gold lockte die spanischen
Eroberer an, die das Inkareich zerstörten. Noch heute befindet sich in Peru das
größte Goldbergwerk Lateinamerikas: Im Norden, nahe der Stadt Cajamarca, wurden
im vergangenen Jahr 3,3 Millionen Feinunzen - 102 Tonnen - Gold gefördert. Doch
seit Dienstag steht die Produktion in der Yanacocha-Mine
still. Die Anteilseigner, die US-amerikanische Newmont
Mining, die peruanische Buenaventura
und die Weltbank, antworten damit auf Straßenblockaden der Indios der Region,
die fordern, an den Profiten stärker beteiligt zu werden. Außerdem protestieren
die Bauern gegen die Abbaumethoden, die extrem viel Wasser verbrauchten und
damit die Umwelt und ihre Lebensgrundlage zerstörten. Energieminister Juan Valdivia bedauerte den Beschluss des Konzerns und forderte
ihn zum Dialog auf.
Konflikte dieser Art häufen sich in den rohstoffreichen Andenländern
Lateinamerikas, in denen ein Großteil der Bevölkerung in bitterster Armut lebt.
Im Nachbarland Bolivien wurde der Indio Evo Morales
wegen des Versprechens zum Präsidenten gewählt, die Bodenschätze zu
verstaatlichen. In Ecuador besetzten Indios Ölbohrstätten. In Chile streiken
die Arbeiter der Kupfermine Escondida, die höhere
Löhne fordern. Es ist ihnen nicht entgangen, dass die Gewinne der Konzerne
wegen der hohen Rohstoffpreise steigen. Escondida-Betreiber
BHP Billiton etwa verdiente von Januar bis Juni 6,1
Milliarden Dollar, 77 Prozent mehr als im Vorjahr.
Auch der Goldpreis hat Rekordhöhen erreicht und macht die peruanische Yanacocha
zur profitabelsten Goldförderstätten der Welt. Doch der Großteil der 250 000
Menschen in der Region sei sogar für peruanische Verhältnisse sehr arm, sagt
der Ulmer Theologe Willi Knecht, der dort seit 30 Jahren in
Entwicklungsprojekten tätig ist. Sprecher der Bauern ist der Priester Marco
Arana. Er fordert, Yanacocha solle einen Teil der Gewinne in soziale
Verbesserungen stecken, die den Bauern zu Gute kämen. Außerdem solle der
Konzern angemessen Steuern zahlen. Auch sollten die Einheimischen bei der
geplanten Erweiterung der Förderung mitreden dürfen, und der Konzern müsse
seinen Sicherheitsdienst zurückpfeifen, der sich wie eine Privatarmee gebärde. "Das
ist ein Staat im Staate", sagt Willi Knecht.
Für die neu gewählte peruanische Regierung des Sozialdemokraten Alan Garcia ist
der Konflikt eine Bewährungsprobe. Bergbauprodukte machen die Hälfte des
peruanischen Exports aus. Dass ausgerechnet der Bauernpriester Arana von der
Regierung zum Vermittler benannt wurde, wertet die Minengesellschaft als
Affront. Der Konzern weist den Vorwurf der Ausbeutung zurück "Wir bieten
10 000 Menschen Arbeitsplätze, weitere 40 000 hängen von uns ab", sagte
der Vizepräsident von Newmont, Carlos Santa Cruz. Man
habe in soziale und ökologische Projekte investiert. Für Willi Knecht sind das
punktuelle "Geschenke". Was fehle, sei Rechtssicherheit. Die
Einstellung des Betriebs sei der Versuch, Bergarbeiter gegen Bauern
auszuspielen, was anscheinend funktioniert. Die Zeitung La República berichtet
von gewalttätigen Zusammenstößen.
Süddeutsche Zeitung Nr. 199, Mittwoch, den 30. August 2006, Seite 7
Goldmine vor Schließung
Lima (AFP) - Die größte lateinamerikanische Goldmine ist von der Schließung
bedroht. Der Betreiberkonzern Newmont drohte damit,
den Betrieb der Yanacocha-Mine in Peru auszusetzen,
wenn die Bevölkerung nicht ihre seit vergangener Woche andauernde Blockade der
Zugangsstraßen einstellt. Die Demonstranten werfen dem Unternehmen vor, das
Wasser in der Gegend zu verseuchen. Der Chef der Südamerika-Sektion von Newmont, Carlos Santa Cruz, zeigte sich aber zugleich zum
Dialog mit der Gemeinde Combayo bereit, um den Konflikt beizulegen. Für
Dienstag war ein Vermittlungsgespräch geplant.
Süddeutsche Zeitung Nr. 199, Mittwoch, den 30. August 2006, Seite 26