Redaktion KNA Bonn
Gesendet: Freitag, 12. April 2002 12:22
BAD-WÜRTT/Menschenrechte/Kirche/KORR
Von KNA-Redakteur Uwe Renz 12. 04. 2002
„Das Handwerk zu
legen".
Theologe:
Peruanischer Bischof zerstört Partnerprojekte
Ulm (KNA)
Für die armen Bauern in der peruanischen Diözese Cajamarca
bricht eine Welt zusammen. Seit Jahren sind die Campesinos Partner deutscher
Pfarreien. Doch jetzt leiden beide Seiten. Massive Vorwürfe erhob der Ulmer
Theologe Willi Knecht im Gespräch mit der Katholischen Nachrichten-Agentur
(KNA) gegen Bischof Francisco Simon. Während dessen Vorgänger Dammert
"Seelsorge für Poncho und Sombrero" förderte, halte es Simon seit
1993 mit den Reichen und den Herren der Goldmine vor Ort, wirft Knecht ihm vor.
Campesinos hätten Zutrittsverbot zur Kirche. Der Ulmer, der die
deutsch-peruanischen Partnerschaften im Auftrag der Unis Tübingen und Würzburg
vor Ort erforscht und gegen die aktuelle Kirchenpolitik protestiert, fürchtet
Anschläge gegen sich in Peru. Der Bischof habe gedroht, dem 55-jährigen
"mit allen Mitteln das Handwerk zu legen".
Die 15 deutschen Gemeinden, für die der in der Ulmer Pfarrei St. Georg
engagierte Theologe spricht, schwärmen von der Arbeit des Bischofs Dammert.
Heute ist der Alt-Bischof 84 Jahre alt, schwer krank und erfährt kaum vom
Wirken seines Nachfolgers. 30 Jahre lang führte der frühere Konzilsvater und
Spitzenmann der peruanischen Bischofskonferenz die Campesinos zu Gemeinden
zusammen, zu "Comunidades". Er förderte Katecheten unter den armen Bauern,
ließ sie quasi zu Gemeindeleitern ausbilden. Ins neu geplante Priesterseminar
sollten auch Söhne von Campesinos aufgenommen werden, berichtet Knecht. Die
100.000-Seelen-Pfarrei Bambamarca verfügt inzwischen über 200 Katecheten,
darunter 30 Frauen. Diese laut Dammerts Vorschrift verheirateten Christen
durften bei Eheschließungen assistieren und taufen. Diese selbstbewusste
Dynamik missfiel Nachfolger Simon, wie der mit einer Frau aus Cajamarca
verheiratete Ulmer Forscher erzählt.
"Saustall aufräumen"
Nach seinem Amtsantritt ordnete Simon an, dass "der Saustall
aufgeräumt" wird, wie Tonbandprotokolle belegen. Der Bischof verbot die
Katecheten, erkannte die von ihnen geschlossenen Ehen nicht an, entließ im
Ordinariat die Laienmitarbeiter und ersetzte sie durch Priester. Die
Überweisung deutscher Zahlungen habe Simon an seine Adresse statt wie bis dahin
auf die Konten der Vertrauensleute in den Comunidades befohlen. Knecht prangert
das Verschwinden von Spendengeldern an, die an die Bistumsleitung gegangen
waren. Den Gipfel sieht er im "Missbrauch" des noch von Dammert
geplanten Priesterseminars. Simon habe für dessen Bau Gelder des kirchlichen
Hilfswerks Adveniat ("mindestens 40.000
Euro") sowie umfangreiche deutsche Spenden bekommen - und nach Bauende das
Haus geschlossen. Heute leben darin Knecht zufolge vier Karmeliterinnen.
Knecht muss sich wehren: Er führe keinen Privatkampf gegen
Bischof Simon. Dessen Verhalten zeige aber, wie sehr sich "eine geänderte
Seelsorge auf das Wohl der Menschen auswirkt". Die Campesinos stellen nach
Knechts Angaben 80 Prozent der Gläubigen in der Diözese Cajamarca. Simon also
halte nur zu einem Fünftel seiner Herde. Die Campesinos riefen ihm unlängst
entgegen: "Bischof, verehrst du den wahren Gott oder das Geld der Goldmine?"
Knecht ist sicher, dass es in den Beziehungen zwischen Bistumsleitung und US-Minengesellschaft "um milliardenschwere Geschäfte geht".
Proteste der Bauern gegen Umweltzerstörung und Verseuchung
der Gewässer durch das Quecksilber der Minenfirma verurteile der Oberhirte als
"Sünde und Einmischung in die Politik". Simon selbst aber besuche
stets die Empfänge der Goldgräber im Landstrich mit der höchsten Krebsrate
Perus.
Trotzdem
zuversichtlich:
Trotz aller Rückschläge sind Knecht, die Pfarreien wie die Comunidades
zuversichtlich. Das bischöfliche Verhalten schweiße die Campesinos noch stärker
zusammen und befördere auch den Eifer der deutschen Pfarreien. Bei letzteren
heiße es "Jetzt erst recht" und in Peru vertrauten die Partner auf
die Treue der Deutschen. "Wenn ihr uns auch noch verlassen würdet, dann
wäre das für uns ganz schlimm", sagten die Campesinos zu Knecht vor seiner
Abreise am Mittwoch aus Cajamarca.
Hinweis: In dem Buch "Die globale
Verantwortung - Partnerschaften zwischen Pfarreien in Deutschland und
Peru" hat Willi Knecht seine Forschungen dokumentiert. Es ist erschienen
im Würzburger Echter-Verlag und kostet 19,90 Euro.
Informationen auch unter
www.cajamarca.de