Gram und Bestürzung

Über Bischof Juan Godayol em. von Ayaviri

Das bemerkenswerte Zeugnis eines peruanischen Bischofs über den erzwungenen Abgang eines Bischofskollegen (gekürzte Fassung)

ECLESALIA, 19. 11. 2006

 
Gram. Viel Kummer und Bestürzung. Als wir am 2. oder 3. Tag der letzten Jahresversammlung der  Bischöfe wieder zusammenkamen, lag auf dem Platz von jedem Bischof die Kopie eines Briefes von Bischof Juan Godayol, in der er uns erklärte, dass er von der Nuntiatur gebeten worden war, sein Amt als Bischof in Ayaviri aus „gesundheitlichen Gründen“ niederzulegen.

Seine „Krankheit“ war, dass er in der Höhen des Altiplano lebte. Ja, es gibt kranke  und alte Bischöfe in Peru wie Bischof Gurruchaga, Bischof in Lurín, der in diesem Jahr 75 Jahre alt wird der in der Tat krank ist und seinen Ruhestand verdient hat. Und der Bischofssitz in Ica ist seit einem Jahr vakant. Wir verstehen aber sehr gut, dass du, Bischof Godayol nicht im Traum daran gedacht hättest, deinen Rücktritt einzureichen. Außerdem wärst du der ideale Kandidat gewesen, deinem Bruder im Salesianerorden, Bischof Gurruchaga, als Bischof von Lurín nachzufolgen.

Mit deinen 65 Jahren hättest du noch 10 Jahre Bischof sein können, zusammen mit dem Volk, geliebt von allen, besonders von den Jugendlichen, den Campesinos, den Priestern und Ordensleuten und den Gemeindemitgliedern. Sie sollten doch diese mal befragen, die dich als engagierten und volksnahen Bischof in Ayaviri erlebt haben!

Ich begann damit, dass ich sagte, dass ich großen Kummer und Bestürzung verspüre. Kummer und Gram, weil wir übrigen Bischöfe nichts gesagt haben. Wir haben nicht nachgefragt und nicht darüber nachgedacht, dass das, zu dem man dich verpflichtete, keinen Sinn machte, zumindest ich kann darin keinen Sinn sehen, ich begreife es nicht. Ich habe gesehen, wie verletzt du warst, ausgestoßen, gezwungen zu gehen. Ich nehme an, du hast einen Moment daran gedacht, ob dir deine Brüder im Bischofsamt dir eine Gelegenheit geben würden, uns deine Situation zu erklären. Aber wir haben es nicht getan. Wir haben dich das Haus verlassen sehen und es scheint, dass dein Gehen uns nicht geschmerzt hat. Was für eine Familie, der du angehört hast!

Bestürzung befällt mich, wenn ich anfange zu vergleichen. Die Diözese Puno liegt so nahe an der deinen, dass man nicht umhin kommt, Vergleiche anzustellen und den gewaltigen - brutalen würde ich sagen - Unterschied zu sehen: den höchsten Respekt, den man der Person und dem Handeln des Bischof von Puno, sowohl von der Peruanischen Bischofskonferenz als auch der Nuntiatur entgegen bringt und dem, was man mit dir gemacht hat. Bischof Carrión von Puno ließ sich seit drei Jahren nicht mehr in den Bischofsversammlungen blicken, niemals wurde seine dunkle Rolle in der Sache der berühmten Briefe gegen den Kardinal und den Nuntius aufgeklärt; es gab verschiedene Unregelmäßigkeiten gegenüber der Bischofskonferenz, er stellte sich allen Anfragen gegenüber taub, auch gegenüber Briefen und Besuchen anderer Bischöfe. Wir alle wissen von der großen Verwirrung in der Mehrheit der Kirche von Puno, es gab Proteste und Rücktrittsforderungen. Priester und Ordensleute, die in seiner Diözese arbeiten, sind angesichts der Handlungen und der Art der merkwürdigen Beziehung, die der Bischof zu seinen Gläubigen unterhält, höchst bestürzt. Und was geschieht? Nichts! Anscheinend ist er bei sehr guter Gesundheit und - so kann man schließen - hat er wohl so gute “Argumente”, die ihn unantastbar machen.

In weniger als einem Monat wurde dein Rücktrittsgesuch von Rom angenommen. Darin haben wir uns zweifellos verbessert. Der Herr Nuntius schreibt an uns Bischöfe, dass er die Ehre hat, uns die Annahme des Rücktrittsgesuches mitzuteilen. Das war am Freitag, der 17. Februar. Im gleichen vertraulichen Brief wird uns mitgeteilt, dass die Ernennung des neuen Bischofs von Ayaviri am Samstag, dem18. Februar erfolgen wird.  Ich verbleibe voller Verwunderung angesichts der Schnelligkeit und Effektivität dieser Vorkommnisse.

Ich kehre zurück zum Evangelium Jesu Christi und lese das Gleichnis vom Verlorenen Sohn. Wir hätten ein großes Fest veranstaltet, wenn der Verlorene Sohn an den Tisch der Bischofskonferenz zurückgekehrt wäre, wenn du, Mons. Jorge Carrión, wieder deinen Platz unter uns eingenommen hättest. Würden wir das nicht tun, würden nicht das Evangelium leben und wenn wir dies nicht tun, wären wir verloren. Aber mit Mons. Godayol haben wir das Gleichnis verändert. Im Hause des Vaters kommt zu den beiden bekannten Söhnen nun ein dritter Sohn dazu: den Sohn, den man hinauswirft oder den man bittet, dass er gehe. Ein solcher Vater, der dies tut, hat aber nichts mit dem Vater zu tun, den uns Jesus zeigt.

Gracias, Mons. Juan Godayol, für deine 14 Jahre als Bischof  und deine 45 Jahre als Salesianer - Missionar in Peru. Vor allem Dank für deinen Wunsch, weiterhin den Armen in Demut zu dienen, in deiner Heimat Katalonien. Viel Glück - der Gott der Vergebung und des Lebens erfülle weiterhin dein Herz mit Güte, denn Gott ist Liebe.

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Nota: Die Nachrichtenagentur “Eclesia Informativo” autorisiert und empfiehlt die Verbreitung ihrer Veröffentlichungen, falls die Quelle genannt wird. Juan Godayol war Bischof von Ayaviri wo an seiner Stelle als sein Nachfolger mit ungewöhnlicher Schnelligkeit ein Mitglied des Sodalitium, dem Opus Dei nahe stehend, ernannt wurde. Bestürzt über diese Vorfälle schrieb P. Hilario Huanca Mamani den erschütternden Brief: "Nueva situación eclesial en la prelatura de Araviri". (Neue Situation in der Diözese Ayaviri“).

Übersetzung: Dr. theol. Willi Knecht, Ulm