Der Aufstieg der Santa Mafia
Von Peter Hertel
Unter der Ägide von Papst Johannes Paul II. eroberte der katholische
Geheimbund Opus Dei in der Kirche eine Schlüsselposition. Bestimmen Anhänger
der reaktionären Organisation unter den Kardinälen den Nachfolger Wojtylas auf
dem Stuhl Petri?
Einige Tage
bevor er zum Papst gewählt wurde, begab sich Karol Wojtyla ins römische Hauptquartier
des Opus Dei (Werk Gottes), um am Grab des "Padre", des
"Vaters" und Opus-Dei-Gründers Josemaría Escrivá de Balaguer y Albás, zu beten. Er
war ein gerngesehener Gast, seit er 1970 erstmals eingeladen worden war. Damals
lebte der spanische Priester Escrivá noch. 1975 starb
er im Alter von 73 Jahren. 2002 wurde er von seinem Fan Johannes Paul II. zum
katholischen Heiligen erhoben und damit dem Kirchenvolk als "leuchtendes
Vorbild" präsentiert.
Unter päpstlicher
Protektion ist sein erzkonservativer Geheimbund zum wohl mächtigsten und
reichsten Global Player in der katholischen Kirche
aufgestiegen - mit Filialen in 56 Staaten und rund 86.000 Mitgliedern in etwa
90 Ländern, gut 30.000 davon in Spanien.
Die "Kampftruppe" (Opus Dei über sich selbst) ist eine der umstrittensten
katholischen Organisationen. Zwar sehen manche wie Karol Wojtyla in ihr eine
gottgewollte Bewegung zur Rettung der katholischen Kirche. Doch selbst
ansonsten brave Gläubige meinen, sie schade ihr wegen eines skandalösen
Sündenregisters: Geheimniskrämerei; rigides Innenleben, dubiose Werbemethoden;
Nähe zum Faschismus, Freundschaft Escrivás mit dem
Diktator Francisco Franco; undurchschaubares Geschäftsgebaren von Mitgliedern
des "Gotteswerkes", das im spanischen Ursprungsland auch "Santa
Mafia" genannt wird. José María Ruiz-Mateos
beispielsweise. Anfang der achtziger Jahre besaß der damals größte private
Arbeitgeber Spaniens ein globalisiertes
Firmen-Konglomerat aus mehr als 700 Unternehmen, 20 Banken. Ruiz-Mateos
beschäftigte 60.000 Angestellte. Zu dem Imperium gehörten Strohmänner-Firmen,
Scheingewinne wurden gemacht; Opus Dei habe, wie Ruiz-Mateos
später erklärte, an seinen dubiosen Transaktionen kräftig mitverdient.
Das Opus Dei
hat jede Beteiligung an finanziellen Unternehmungen bestritten; das Werk habe
nur religiöse, nicht aber gesellschaftliche Ziele. Gleichwohl ziehen seine
Mitglieder in der Gesellschaft gegen "Atheismus", die
"Verdrängung des Glaubens aus dem öffentlichen Leben" und eine
"losgelassene Sinnlichkeit, ja Verblödung" zu Felde. In einem Ukas an
die Führungskader steht gar: "Wir haben den großen Ehrgeiz", die gesellschaftlichen
Institutionen "zu heiligen und zu christianisieren". Bei der Wahl der
Heiligungsmittel war der heilige "Josefmaria" nicht zimperlich. Die
Ebene der "Heiligkeit" soll seine nicht nur fromme Gemeinde mittels
"heiligem Zwang", "heiliger Unnachgiebigkeit" und
"heiliger Unverschämtheit" erklimmen. Der heilige Zwang weckt
Erinnerungen an die päpstliche und spanische Inquisition. Escrivá
setzte ihn mit physischer Gewalt ("fuerza")
gleich und regte an, durch ihn "das Leben vieler zu retten, die
idiotischerweise unbedingt den Selbstmord ihrer Seele verüben wollen".
Vielen
fortschrittlichen Katholiken sind solch unheilige Praktiken ein Gräuel. Doch
seit 2001 reicht der Arm der Elitetruppe sogar bis ins Kardinalskollegium. Im
Konklave ist sie durch die Erzbischöfe Julián Herranz (74, Vatikan) und Juan Luis Cipriani Thorne (61, Peru) vertreten, denen Johannes Paul II. den
Kardinalspurpur verliehen hat. Darüber hinaus stehen ihr mindestens 50 der
(derzeit 120) Wahlmänner nahe oder zeigen offen Sympathien; unter ihnen neun
Kirchenfürsten, die als "papabile", als
wählbar für das Papstamt, gelten: der Oberhirte von
Mailand, Dionigi Tettamanzi,
Ehrendoktor der Opus-Dei-Universität vom Heiligen
Kreuz in Rom, und der Chef der Glaubenskongregation, Joseph Ratzinger,
Ehrendoktor der Opus-Dei-Universität im spanischen
Pamplona, sowie die Kardinäle Sodano, Danneels, Ruini, López Trujillo,
Schönborn, Castrillón Hoyos
und Rivera Carrera.
Doch selbst wenn ein gemäßigter Papst herauskäme, könnte er an der Macht des
Weltunternehmens nicht mehr vorbeiregieren. Dank der Gunst Johannes Pauls II.
gelangten Opus-Mitglieder in fast sämtliche vatikanische Kongregationen und
Räte, in Kommissionen und Nuntiaturen. Als "Sklavenschaft der Kirche" hat sich das Werk in den
achtziger Jahren der römischen Machtzentrale angedient. Das Angebot, das gern
akzeptiert wurde, hatte seinen Preis: Unaufhaltsam konnten die Sklaven die
vatikanischen Amtsstuben und die kirchliche Hierarchie weltweit durchsetzen.
Seit 1987 erhielt das Opus Dei außer den beiden Kardinälen sechs weitere
Erzbischöfe, sechs Bischöfe und drei Weihbischöfe. Als Wojtyla sein Amt
übernahm, stellte die Opus-Phalanx einen Bischof und drei Weihbischöfe. Damals
kam ein Bischof auf 325 Priester des Opus Dei, 2003 einer auf 98. Mehr als 100
ihrer gut 1800 Kleriker wurden von Papst Johannes Paul II. in den geistlichen
Adelsstand erhoben. Als päpstliche Prälaten und Hauskapläne empfehlen sie sich
für Schlüsselposten in Generalvikariaten und kirchlichen Hochschulen. Einer von
etwa 13 Priestern des Opus Dei hat ein Amt oder einen Titel, die der Papst
verliehen hat. Vor 15 Jahren kam nur einer auf 100 Priester.
Einen so
steilen Aufstieg nahm unter dem Wojtyla-Papst keine andere rechtsgläubige Institution.
Nach der osteuropäischen Wende hatte Johannes Paul II. ein christliches Europa
vom Atlantik bis zum Ural anvisiert. Dazu gehörte die "Neuevangelisierung
der Gesellschaft", verbunden mit der "Kultur der Liebe", in der
das Sexualproblem den Vorrang gewann, während ihm Werte der westlichen
Gesellschaft wie Demokratie, Gleichberechtigung der Frau oder Redefreiheit als
zweitrangig erschienen. Bei der Umsetzung hoffte er vor allem auf neue
Bewegungen, in denen Bischöfe schon 1987, auf der römischen Bischofssynode,
"biblischen oder dogmatischen Fundamentalismus" entdeckt hatten. Der
Päpstliche Laienrat hat jedoch mehr als 50 neue Gemeinschaften offiziell
anerkannt, allen voran das in Spanien entstandene "Neokatechumenat",
das in Belgien gegründete "Het Werk", die
aus Mexiko stammenden "Legionäre Christi" und die mächtige italienische
Organisation "Comunione e Liberazione
(CL)".
Der päpstliche Favorit unter den Neugründungen des 20. Jahrhunderts aber war
und ist das Opus Dei. Selbst CL-Gründer Luigi Giussani
zollte der nicht unbedingt geliebten spanischen Konkurrenz hohes Lob: "Die
Leute vom Opus Dei, sie haben die Panzer. Sie gehen mit ihren Panzern voran,
auch wenn sie ihre Raupenketten mit Gummireifen verkleidet haben. Sie machen
keinen Lärm. Aber sie sind da. Und wie!" Wegen seiner diskreten
Einmischung ist das Werk vielen Katholiken unheimlich. Sie wissen, dass es da
ist, aber kaum jemand weiß: wo, wie und mit wem. Um die Neuevangelisierung zu
befördern, ließ die "Furcht erregende Armee" (O-Ton Opus Dei) 1994,
im Vorfeld der Kairoer Weltbevölkerungskonferenz, den Heiligen Vater wissen,
sie werde ihm beistehen, den erwünschten Schutzwall ("neue Maginot-Linie") gegen Sexualisierung und allgemeinen
Sittenverfall zu errichten. Gezielt wurden internationale politische
Institutionen, Regierungen und Parlamente ins Visier genommen. Für solche
Knappendienste belohnte der vatikanische Monarch das "Mobile Corps"
(O-Ton Opus Dei) fürstlich. Höhepunkt war Escrivás
Heiligsprechung. Escrivá-Nachfolger Javier Echevarría Rodríguez revanchierte
sich mit einem Gelöbnis: Die "Soldaten Christi", wie der Opus-Gründer
die Werksmitglieder gern genannt hatte, würden dem "Statthalter
Christi" durch "intensive Gebete" wie "berufliche
Arbeit" weiterhin mit Inbrunst dienen - und durch "großzügige
Abtötungen".
Die rituelle
Einübung der Selbsthingabe hatte Escrivá schon 1950
in den lateinischen "Constitutiones"
kodifiziert: Männer und Frauen bilden "eine Familie, unbelastet von den
Beschwernissen der Fleischeslust und eine ,militi'
(Heerschar), die zu größtmöglicher Stärke gerüstet ist - bei noch härterer
Disziplin". In dieser platonischen Weltfamilie sind nicht nur Männer und
Frauen separiert, sondern die Unverheirateten, etwa 50 Prozent der Mitglieder,
fördern auch mit mittelalterlichen Mönchswerkzeugen die eigene Bußgesinnung und
den Corpsgeist: durch ein mit Dornen bespicktes Metallband, das um den
Oberschenkel gebunden wird und gelegentlich Wunden, jedenfalls aber Schmerzen
hervorruft; sowie durch die Geißel, eine mit Knoten oder Metallstü-
cken besetzte Peitsche, deren lateinische Bezeichnung
sagt, worum es geht: "disciplina".
Die verheiratete Hälfte tötet sich insbesondere durch hohe finanzielle Spenden
ab. Da die meisten Opus-Angehörigen beruflich wie gesellschaftlich auf
gehobenen Rängen residieren, fließen die Geldopfer auf Konten des Opus Dei
reichlich. Aber auch Escrivás Heiligenschein
bereichert die Organisation, indem er sie gegen binnenkirchliche Vorwürfe
immunisiert. Wer als Katholik seit Oktober 2002 behauptet, Escrivá
sei nicht heilig, kann disziplinarisch abgestraft werden.
Als erste international bekannte Kritikerin des Opus Dei knickte die Spanierin
María del Carmen Tapia ( Jahrgang 1925) ein. Der
Gemeinschaft hatte sie von 1948 bis 1966 angehört und war vier Jahre in deren
römischer Machtzentrale tätig gewesen. 1992 hatte sie in ihrem Buch "Tras el umbral"
("Hinter der Schwelle") gegen Escrivás
Seligsprechung gestritten und ihn als unbarmherzig gegenüber seinen
Mitarbeitern hingestellt. Er habe sie an die "Mentalität der politischen
Kommissare in totalitären Ländern" erinnert. Aber nach der Heiligsprechung
leistete sie Abbitte: "Als römisch-katholische Christin" lebe sie
"in guter Übereinstimmung mit der Kirche" und stimme "mit jeder
Entscheidung des Papstes überein, die er in Wahrnehmung seines Lehramtes
trifft, auch mit der Heiligsprechung irgendeines Heiligen, Monseñor
Escrivá eingeschlossen". 2004 brachte María del
Carmen Tapia in Spanien dennoch eine Neuauflage ihres
Buches heraus. Auf 16 römisch bezifferten Seiten, die sie ihm vorschaltete,
exkulpierte sie indes den "Vater": Sie habe erfahren, dass er von
seiner Umgebung, zu der auch der heutige Chef Echevarría
gehörte, leider falsch über sie informiert worden sei und sich deshalb so rücksichtslos
betragen habe. Nun wisse sie, dass er in Wirklichkeit ein Heiliger sei.
Falschem Zeugnis ist offenbar auch Kurt Koch (Jahrgang 1950), Bischof von
Basel, aufgesessen. Als Theologieprofessor in Luzern hatte der Hoffnungsträger
der Reformer dem Vatikan vorgehalten, das Opus Dei "zur Disziplinierung
der Ortskirchen und ihrer Bischöfe" einzusetzen. Escrivá
bezichtigte er gar der "Arroganz", weil er seine Schöpfung als Werk
"Gottes" ausgegeben habe. 2002 erschien dem inzwischen zum Bischof
aufgestiegenen Kleriker der überhebliche Werksgründer als "leuchtender
Stern für die Kirche auf ihrem Weg ins dritte Jahrtausend". Seinen Sinneswandel
begründete Koch mit mangelnder wissenschaftlicher Professionalität als
Gelehrter: Er habe sich "von den von Journalisten und Theologen
veröffentlichten Meinungen (ver-)leiten lassen".
Eine wunderliche Wende vollzog selbst Kardinal Karl Lehmann (Jahrgang 1936),
der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz. Hatte er noch im Frühjahr 2002
öffentlich bekannt, er habe sich nicht für einen heiligen Escrivá
stark gemacht, gestand er nach dessen Glorifizierung, er sehe ihn als "Vorläufer
des Zweiten Vatikanischen Konzils" und möchte ihn vielen nahe bringen. Der
Gründervater habe nämlich eine "Spiritualität" geschaffen, die den Opus-Dei-Mitgliedern "im Berufsalltag eine große
innere Freiheit" gebe.
In Wirklichkeit hat Escrivá seine Jünger auch in
ihrem "Apostolat", also in ihrer beruflichen Tätigkeit, zu
"blindem Gehorsam" gegenüber ihren Oberen ermahnt: "Blind dem
Vorgesetzten gehorchen ... Weg der Heiligkeit. In deinem Apostolat gehorchen
... der einzige Weg. Denn in einem Werk Gottes kann der Geist nur so sein:
gehorchen oder weggehen." Lehmann hätte das spanische Original "Camino" (Nr. 941) lesen sollen, um den wirklichen Escrivá kennen zu lernen. In der deutschen Ausgabe
("Der Weg") hatte das Opus Dei zwar zwei Auflagen lang wortgetreu
"blind gehorchen" übersetzt, muss dann aber gemerkt haben, dass
deutsche Katholiken mit verordneter Blindheit nicht zu krallen sind. Seit der
dritten Auflage (Köln 1967) ist des Werksgründers Forderung jedenfalls
eliminiert.
Der Heilige Vater dagegen hat Escrivá im Original
kennen gelernt. Seine Schriften waren ihm "eine reiche Quelle der
Inspiration". Er dürfte sie im römischen Zentrum der Opus-Dei-Priester
erhalten haben. Es war die Zeit nach dem Reformkonzil (1962 bis 1965), in der Escrivá klagte, die katholische Kirche sei anscheinend ein
"Leichnam in stinkender Verwesung". Millionen Gläubige fühlten sich
"verwirrt". Um die Kirche und damit auch die Welt dem Verderben zu
entreißen, entwickelte der Opus-Chef eine regelrechte Strategie - dies
enthüllte 1984 der englische, aus Tschechien stammende Priester Vladimir Felzmann, der dem Opus Dei von 1959 bis 1982 angehörte, von
1965 bis 1969 in Rom lebte und nach eigenen Angaben ein Vertrauter Escrivás war. Jeder Kirchenmann, der wichtig werden konnte,
wurde ins Priesterzentrum eingeladen. Dessen klerikale Atmosphäre war den
Kardinälen aus eigener Erfahrung gut bekannt. Wehmütig wurden sie an die Zeiten
der religiösen Geschlossenheit erinnert, als die katholische Kirche in
westlichen Ländern wesentlich mehr Macht und inneren Zusammenhalt als heute
hatte. Das Opus Dei, das wuchs und wuchs, verschrieb ihnen als Arznei eine
Kirche, wie sie früher war: männlich, geschlossen, kompromisslos, martialisch.
Als Papst Wojtyla, vom Opus Dei präpariert, dann in den Vatikan kam, wusste er
nicht, wem er trauen konnte. Die Jesuiten, die frühere "königliche
Leibwache", so Felzmann, habe er in Auflösung
und in die "marxistische Befreiungstheologie verwickelt" gesehen. Das
Opus Dei dagegen habe die Kirche verkörpert, wie er sie aus Polen kannte und
"wie sie sein sollte". Die "Priester trugen Talare; man sprach
Latein". Der neue Papst habe an "diesen Leuten" geschätzt, dass
sie "Sachkenntnis in Finanzen" hatten, "etwas von Kommunikation
verstehen", "verlässlich, gehorsam, ruhig und diskret" waren.
Deshalb habe er sie "eingesetzt".
Vor allem die
klerikale Sicht verbindet den Papst mit dem Opus Dei: Spitzenämter können im Opus
Dei nur Priester übernehmen. Laien können zwar in die mittlere Führungsebene
gelangen, müssen dann aber - gleich den Priestern - männlich sein und zölibatär
leben. Die Ehe ist "für das Fußvolk" da, jedoch nicht für "den
Generalstab Christi", der die rechte Moral verkünde. "Laien können
nur Schüler sein" (O-Ton Escrivá). Kaum im Amt,
ließ Johannes Paul II. die Reden, die er seinerseits vor den Werkspriestern
gehalten hatte, an die vatikanischen Angestellten verteilen. 1980 ernannte er
Kardinal Pietro Palazzini, der sich selbst als Opus-Dei-Anhänger bezeichnete, aber unter Papst Paul VI. in
der Versenkung verschwunden war, zum Leiter der vatikanischen Kongregation für
die Selig- und Heiligsprechungen. Einer seiner ersten Hoheitsakte war die Einleitung
des Verfahrens für die Seligsprechung Escrivás, der
Vorstufe der Heiligsprechung.
Der Papst erfüllte einen Herzenswunsch des beschlagenen Kirchenjuristen Escrivá: Er gab dem Opus Dei eine Rechtsform, die es dem
Zugriff des jeweiligen Diözesanbischofs entzog und dem Vatikan direkt
unterstellte. Das damalige Säkularinstitut päpstlichen Rechts wurde zur
einzigen katholischen Personalprälatur befördert.
Sein Chef, Prälat im Bischofsrang, leitet sozusagen eine weltweite Diözese aus
Klerikern. Laien können sich ihr anschließen, verbleiben aber in ihren normalen
Diözesen und sind für den Bestand der Prälatur nicht
notwendig. Da sie aber im Hinblick auf das religiöse Ziel des Opus Dei dessen
bischöflichem Anführer gehorchen müssen, kann er weltumspannend in die Diözesen
hineinregieren. Die katholische Kirche wird in ihren Diözesen nicht mehr allein
von ihren Bischöfen kontrolliert. Ein vom Diözesanbischof unabhängiger und ihm
nicht unbedingt genehmer Geheimbund übt kirchenoffiziell Macht aus. Seine
Direktiven werden zentral erlassen. Entscheidend für die Prosperität des
Weltunternehmens Opus Dei ist nicht der Einfluss einzelner Familienmitglieder
in einem Land oder einer Diözese, sondern sein globales Handeln. Deshalb
richtet sich sein Interesse mehr und mehr auf die vatikanischen Instanzen, überstaatliche
Organisationen wie Uno und EU und auf Schlüsselfunktionen im weltweiten
Kapitalismus. Johannes Paul II. hat dem Opus Dei dazu das kirchliche
Instrumentarium an die Hand gegeben. Daran wird auch ein neuer Papst nichts
ändern können.
Wenn er es
überhaupt will. Vielleicht ist er ja ohnehin durch den "Catecismo" des Geheimbundes geschult - den
werkseigenen Katechismus, aus dem die Novizen nicht einmal Notizen machen dürfen.
Sicher, die beiden Opus-Kardinäle haben kaum Chancen auf den katholischen
Chefsessel. Aber es gibt ja noch die "Priestergesellschaft vom Heiligen
Kreuz", deren diözesane Kleriker dem Prälaten
des Opus Dei als ihrem Generaloberen zu gehorchen haben, wenngleich sie dem
Werk nicht angehören. Ob und wie zahlreich sie im nächsten Konklave sitzen
werden, ist unbekannt. Denn auch ihre Namen werden streng unter Verschluss
gehalten.