6. Station – Jesus muss das schwere Kreuz tragen
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In der sechsten Station sehen wir, wie jene Gesetzeslehrer und Hohen Priester Jesus das ganze Gewicht des Kreuzes auf seinen schmerzgepeinigten, misshandelten Leib aufladen. Sie hiel-ten sich für die einzig Vollkommenen, die Gottes Gesetz erfüllten. Aber in ihrem Gewissen gab es nicht die geringste menschliche Regung, als sie den menschgewordenen Gott so er-barmungslos behandelten.
Heutzutage beladen sie uns Ärmste in Peru, jeden einzelnen, auch mit einem sehr schweren Kreuz, einem Kreuz aus Hunger, Elend und Ausbeutung. Eine handvoll Peruaner halten sich für die einzig Perfekten und Gerechten in all ihrer Weisheit. Sie halten sich für die einzig Fähigen, das Land regieren zu können. Sie glauben, nur sie haben das Recht gut zu essen, sich anständig zu kleiden und ein bequemes Leben zu führen. In ihren Händen liegt alle Macht und die gesamte Wirtschaft Perus. Sie gestehen sich gegenseitig hohe Löhne zu und sitzen in ihren Büros herum. Sie sind zu den großen Millionären unseres Landes geworden. Aber keiner von ihnen bringt es fertig, mit einem menschlichen Herzen zu denken und zu fühlen. Wir, Tausende von sehr armen Christen, haben zu wenig zum Leben, wir liegen auf dem Boden, zerschmettert durch das schwere Kreuz der extremen Armut, des Hungers und der Verelendung. Wir sind die Überlebenden der Dritten Welt, uns bleibt allein der Staub der Erde und der Schweiß unserer Stirn. 

Oben: „Jetzt haben wir ihn, der uns so lästig war und unserem Gesetz widersprach. Als Gekreuzigter soll er sterben! Ans Kreuz mit ihm!“
Unten: „Ich verdiene 20.000 Soles im Monat. Und ich verdiene 30.000 Soles“: 


Kommentar: Auf dem Bild sehen wir, wie sie Jesus das Kreuz aufladen. Wie schon auf den vorherigen Stationen tragen die Akteure Kleider aus der heutigen Zeit. Dies soll zeigen, dass sich die Geschichte wiederholt, die Leidensgeschichte Jesus spielt auch in der heutigen Zeit. Die Soldaten tragen die Uniformen von heute, die Autoritäten tragen Anzüge und die Priester die aktuellen Opfergewänder. Sie werden begleitet von Menschen, die sich damals wie heute immer nach vorne drängen. Wir sehen Jesus mit dem Kreuz auf den Schultern, mit seinem Poncho und Sombrero, wie wir auch. Alle Armen tragen heute das Kreuz, das Kreuz eines mühseligen alltäglichen Lebens. Unser Kreuz ist der Hunger, das Elend, die Armut und alles Leid, das wir täglich ertragen müssen. Wir bearbeiten mühselig unser kleines Fleckchen Erde und die Frauen tragen ein besonders schweres Kreuz: das tägliche Waschen, Kochen, Tiere füttern usw. Die Leute, die uns das Kreuz auferlegen sind die Großen und die Mächtigen, die viel Geld haben; es ist das gesamte Wirtschaftssystem. Sie sind nicht fähig, uns mit unserem Kreuz wahrzunehmen.
Die sechste Station zeigt uns viel aus unserem täglichen Leben. Besonders zeigt es die zwei Welten, auf der einen Seite der Landarbeiter mit seiner Hacke und dem Kreuz auf der Schulter und ohne Aussicht auf Lohn, auf der anderen Seite der Mensch in der Stadt mit seinem hohen und sicheren Lohn. In der Stadt gibt es viele Bequemlichkeiten, elektrisches Licht, Trinkwasser, gepflegte Straßen und schöne Häuser. Auf dem Land gibt es das alles nicht, wir leben in einer kleiner Hütte mit einem einzigen Raum, in dem man isst, sich unterhält und schläft. Ich erinnere mich an eine kleine Begebenheit, als auch wir eine bessere Wasserversorgung wollten. Wir fragten Monseñor Dammert, ob wir nicht ein Wasserbecken mit einer Wasserleitung für unsere Comunidad bekommen könnten, u.a. um einen Garten mit wertvollen Pflanzen anlegen zu können. Monseñor war davon sehr angetan und so geschah es, dass mit seiner Hilfe zum ersten Mal fließendes Wasser aufs Land kam. Es gab zwar einige Problem wegen der Regelung der Wasserverteilung, den Wartungsarbeiten, aber alles lief dann gut, bis heute. Es gab auch Anstrengungen, elektrisches Licht aufs Land zu bringen. Alle diese Arbeiten haben großen Anklang gefunden. Die Stadtverwaltung hat sich nie darum gekümmert, sondern wir waren es, die mit der Hilfe des Bischofs das alles geleistet haben. Wir müssen bis heute Tribute für unser Stück Land bezahlen, aber niemand gibt uns Rechenschaft, was mit unserem Geld geschieht, es wird nichts für uns getan. Als wir einmal auf einer großen Volksversammlung vorschlugen, eine bessere Wasserversorgung mit Hilfe der städtischen Behörden zu organisieren - wir hatten schon die Pläne ausgearbeitet - wurde dies abgelehnt, stattdessen wurde die Versorgung der Stadt verbessert. Stadtverwaltung und Behörden machen dass, was ihnen selbst am meisten nützt.